Bayern 2 - Bayernchronik


1

Bayernchronik Der Bayernkommentar von Regina Kirschner

Horst, der Energie-Magier

Stand: 04.07.2015 | Archiv

Regina Kirschner | Bild: BR / Julia Müller

Abrakadabra, Simsalabim – aus dem Trassen-Debakel wird ein Erfolg ohne Makel. Zum Energiewende-Kompromiss in Berlin applaudierte sich CSU-Chef Horst Seehofer peinlicherweise selbst am Lautesten. Er freute sich darüber, dass er die gefürchteten Monstertrassen scheinbar weggezaubert hat.

Tatsächlich, muss man dem großen Magier eines zugestehen: Es ist ein Erfolg, dass die Kabel auf weiter Strecke unterirdisch verlegt werden und auch, dass die Stromtrassen möglichst an bestehende Fernleitungen angedockt werden, ist ein Fortschritt. Damit sind die Trassen aber noch lange nicht weggezaubert. Kein Wunder, dass da die Trassengegner in Bayern „Horst - den Zaubermeister“ ausbuhen anstatt zu klatschen. Schließlich galt die Formel 2-x nach wie vor und Seehofer ließ in den vergangenen Monaten keine Gelegenheit aus, um anzudeuten, dass für ihn das x gleich 1 oder sogar 2 ist. Jetzt ist x gleich null, beide geplanten Trassen werden kommen. Der Zaubertrick ist missglückt.

Und dieses Ergebnis - muss man ehrlicherweise sagen - ist logisch und gut, weil der einzig richtige Kompromiss nur eine sichere Stromversorgung für Bayern sein konnte. Allerdings hat die jetzige Lösung auch ihren Preis. Denn Erdkabel zu verbuddeln, kostet zehnmal so viel wie ganz normale oberirdische Masten zu bauen. Und auch die Subventionen für das Gaskraftwerk in Irsching bei Ingolstadt werden den Strom für die Kunden teurer machen.

Da hat die CSU das Taschendieb-Kunststück wohl nicht ganz kapiert. Normalerweise gibt der Magier den Zuschauern am Ende der Vorstellung die stibitzten Golduhren und Geldbörsen zurück. Bei dem nun in Berlin vereinbarten Kompromiss zur Energiewende werden die Mehrkosten allein auf die hinteren Zuschauerreihen abgewälzt. Die Kraftwerksbetreiber in der ersten Reihen werden verschont. Sie bekommen sogar noch ein Geld-Geschenk für die alten Kohlekraftwerke, die in ein paar Jahren ohnehin vom Netz genommen worden wären.

Auch andere Künstler im Energiewende-Zirkus haben einen schlechten Auftritt hingelegt. Illusionsmeisterin und Kanzlerin Merkel hatte beim G7-Gipfel auf Schloss Elmau noch große Töne gespuckt und die Klimaziele der Bundesrepublik hochgehalten. Davon blieb bei den Koalitionsgesprächen in Berlin nicht mehr viel übrig. Und Bundeswirtschaftsminister Gabriel hatte mit seinem genialen Klimaplan zunächst einen sagenhaften Trapezsprung angekündigt, um sich dann doch nur ins Fallnetz plumpsen zu lassen. Sein Plan, ältere Kohlekraftwerke mit einer Klimaabgabe zu belegen, wäre vernünftig gewesen und hätte Steuerzahler und Verbraucher deutlich entlastet.

Beim Stromtrassenstreit kam am Ende die eigentlich von Anfang an naheliegende Lösung heraus. Auf Erdverkabelung und Nutzung bestehender Trassen hätte man sich auch schon vor Monaten einigen können - ohne vorher halb Bayern und vor allem die bayerische Wirtschaft in Schrecken zu versetzen. Das Ergebnis jetzt als riesen Erfolg zu werten, ist damit ein sehr billiger und belangloser Trick von Seehofer.

Und Seehofers zauberhafte Assistentin Ilse Aigner? Sie hat die Show mit einem guten Kniff begonnen, indem sie den Zauberstab gleich nach ihrem Energiedialog an Seehofer weiterreichte und ihm die Lösung der Formel 2-x überließ. Nur blöd, dass sie ihm am Schluss doch noch im Scheinwerferlicht assistieren musste, um den verpatzten Zaubertrick zu überspielen. Aufatmen kann sie auch jetzt noch nicht. Denn der Vorhang ist noch lange nicht gefallen. Der genaue Verlauf der Trassen ist noch nicht endgültig festgelegt. Die Süd-Ost-Passage könnte nun bei Landshut enden. Damit wären möglicherweise die Trassengegner in Franken und Schwaben beruhigt, in Niederbayern und der Oberpfalz wird dann aber wohl umso lauter gebuht und gepfiffen.

Podcasts und Manuskripte der vergangenen Kommentare finden Sie im Download Center


1