Bayern 2 - Bayerisches Feuilleton


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Bilder Ludwigs II. Der König, der Schlitten und die Nacht ...

Der König ist tot, es lebe der Mythos. Ludwig II. wollte sich selbst und anderen "ein ewig Rätsel" bleiben. Das ist ihm gelungen. Schwankend zwischen Entrücktheit und Verrücktheit, in der Residenzstadt ein Fremder, bei Hofe gefürchtet, von seinem Volk geliebt – so wird er gesehen, so will man ihn sehen, den Märchenkönig. Eine Spurensuche zum Ausklang seines 130. Todesjahres.

Von: Marita Krauss

Stand: 17.12.2016 | Archiv

"Wenn bei Schneesturm in der Nacht,
Blitze Berg und Tal erhellen,
man vom Donnerschlag erwacht,
schnauben Pferde, klingen Schellen,

jagt ein Schlitten durch den Wald;
goldner Prunk vergangener Zeiten.
Ludwigs einsame Gestalt
sehen wir vorübergleiten.

Wer hat ihn vom Königsthron
in den frühen Tod getrieben?
Wüßten wir’s, wem hilft das schon?
Was uns bleibt ist: Ihn zu lieben!"

(Lied für König Ludwig / Anonym)

Eine fast intime Nähe zum einfachen Volk

Eine Szene wie aus dem Bilderbuch, zu finden auch auf Gemälden und Zeichnungen, ja selbst in Zinn gegossen: Der alternde König, nachts ruhelos in einem luxuriösen Schlitten unterwegs, hält an und bekommt von einem bewundernden Bauernpaar einen Trunk gereicht; er revanchiert sich leutselig mit einem Goldstück und verschwindet wieder in der Nacht. Ludwig II., sonst menschenscheu und zurückgezogen, hier in fast intimer Nähe zum einfachen Volk: Das Verhältnis des Monarchen zu seinen Untertanen scheint intakt zu sein.

Der unnahbare König

Ludwig II. von Bayern in der Venusgrotte

Ganz anders das Bild in München: Ludwig II. sitzt allein in der Königsloge eines leeren Theaters und folgt gebannt dem Geschehen auf der Bühne. Diese separaten Theatervorstellungen stehen für sein zutiefst gestörtes Verhältnis zu den Menschen in der Residenzstadt. Er schloss sie aus, wollte sie nicht sehen, wollte nicht gesehen werden. Ein naher und ein ferner König, ein Herrscher in huldvollem Kontakt und einer in größter Distanz zum Volk, zu seinem Hof, seinen Ministern, zurückgezogen in Märchenschlösser und Theaterwelten.

"Fern der profanen Alltagswelt ..."

König Ludwig II. (1867)

Ludwig II. an Richard Wagner im Juli 1871:
"Auch ich liebe nicht das Befassen mit neuen Menschen, wie Sie sich ausdrücken, auch ich will mich der verdammten Höllendämmerung, die mich beständig in ihren qualmenden Dunstkreis reißen will, entziehen, um selig zu sein in der erhabenen Berges-Einsamkeit, fern von dem 'Tage', dem verhaßten Feind, fern von der Tages-Sonne sengendem Schein!!

Fern der profanen Alltagswelt, der heillosen Politik, die mit ihren Polypenarmen mich umschlingen will und jede Poesie so gerne gänzlich ersticken möchte, richte ich diesen Brief an Sie, göttlich erhabener Freund! … Bald wird kommen der Tag, der mich in meine Hauptstadt zurückführt, und somit werde ich wieder, wenn auch auf kurze Zeit, entgeistert werden; dies ist stets der Fall, wenn ich in das bunte Tagesgewühl und Gejubel der Menge hinein muß, was mir ein Greuel ist und mich ganz krank und wahrhaft unglücklich macht."

Der Kini als Werbe-Ikone

Andenken mit dem Bild des bayerischen Königs Ludwig II.

Ludwig II. ist bis heute wie kein anderer bayerischer König allgegenwärtig - etwa auf Schnupftabaksdosen, Bierkrügen und  Souvenirs aller Art. Das steht in krassem Gegensatz zu der Unsichtbarkeit des Königs während vieler Jahre seiner Regentschaft, Unsichtbarkeit zumindest in München. Denn in der Umgebung seiner Schlösser war er als großer Bauherr, als Arbeitgeber und residierender König sehr präsent. Das Geheimnis, das ihn umgab, machte Ludwig in der Provinz umso populärer, je mehr er sich den Untertanen in München entfremdete. Und dies entsprach genau seinem Konzept der Selbststilisierung.


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