Bayern 2 - Bayerisches Feuilleton


11

"Janusköpfige Epoche" Von der Reformation bis zum 30-jährigen Krieg

Die großen Kunstwerke der Renaissance und des frühen Barock auf der einen, die furchtbaren Unsicherheiten und Ängste der Menschen auf der anderen Seite sind die beiden Gesichter des widersprüchlichen Zeitalters, das Mira Alexandra Schnoor schildert.

Von: Mira Alexandra Schnoor

Stand: 07.01.2017 | Archiv

Lutherdenkmal Hannover | Bild: picture alliance/dpa/ Holger Hollemann

"Wohlan, ich weiß noch ein Liedlein von Rom, jucket sie das Ohr, ich will's ihnen auch singen und die Noten aufs höchst stimmen."

(Martin Luther)

Martin Luther und seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel

Haupttür der Schlosskirche zu Wittenberg, an der Martin Luther im Jahr 1517 seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel veröffentlichte

Eine Bewegung ist im Entstehen. Sie wird wie eine Flutwelle die Staudämme der alten Religion niederreißen, sie wird die bisherige Ordnung der Kirche erschüttern, sie wird zu Kämpfen, zu Unruhen und zu Kriegen führen, und sie wird Deutschland in zwei Konfessionen teilen. Doktor Martin Luther, Professor für die Heilige Schrift an der Universität Wittenberg, verfasst 1517 seine 95 Thesen gegen die Praxis des Ablasshandels.

"Wer dem Armen gibt oder dem Bedürftigen leiht, tut besser, als wenn er Ablass löst." (Martin Luther)

Der Neubau der Peterskirche in Rom soll durch eine große Ablassoffensive finanziert werden, den ”Petersablass”. Seine Thesen richtet Luther gegen die aggressive Praxis des Ablasshandels, wie sie von dem Prediger Johann Tetzel praktiziert wird.

"Warum baut der Papst, dessen Vermögen heute größer ist als das des reichsten Crassus, nicht wenigstens die eine Kirche des heiligen Petrus lieber von seinem eigenen Geld als von dem der armen Gläubigen?" (Martin Luther)

Der Legende nach schlug Luther seine Thesen am 31. Oktober 1517 an der Schlosskirche zu Wittenberg an. Auch wenn es nur Legende ist, das Datum bezeichnet den Beginn der Reformation. Innerhalb kurzer Zeit wurden die Thesen gedruckt und im ganzen Land verbreitet. Luther hatte einen Nerv getroffen, hatte einer Unzufriedenheit Worte gegeben, die schon lange im Volk geschwelt hatte.

Der Bauernkrieg von 1525

Schlacht bei Frankenhausen am 15. Mai 1525

Die Jahre von 1520 bis 1651 umspannen eine ”janusköpfige Epoche” (Friedrich Prinz).

Das Zeitalter der Renaissance und des frühen Barock ist in Bayern, Franken und Schwaben eine Phase des Umbruchs, der großen Unsicherheit und Ängste. Die Reformationsbewegung erreicht nach 1520 auch den Süden Deutschlands, vor allem Franken und Schwaben. In diesen Gebieten kommt es um 1525 zu einem verzweifelten Aufstand, dem Bauernkrieg, der von den Fürsten blutig niedergeschlagen wird. Während Teile Frankens und Schwabens protestantisch werden, treiben die bayerischen Herzöge Albrecht V. und Wilhelm V. die Gegenreformation in Altbayern voran.

Der Dreißigjährige Krieg - Kathastrophe des 17. Jahrhunderts

Kaiser Ferdinand II. überträgt Maximilian I. von Bayern die der Pfalz genommene Kurwürde

Herzog Maximilian I. (ab 1623 Kurfürst) war sicher einer der bedeutendsten Wittelsbacher. Seine Regierungszeit, die sich in ihren Anfängen durch eine effiziente, moderne Finanz- und Verwaltungsreform auszeichnet, ist überschattet vom Dreißigjährigen Krieg, der sowohl für Bayern wie auch für das übrige Deutschland zur bestimmenden Katastrophe des 17. Jahrhunderts wird. Von den Menschen fordert das drei Jahrzehnte dauernde Morden, Brennen, Vergewaltigen, Plündern und Zerstören unendliche Opfer. Als sei dies nicht genug, herrschen auch noch schreckliche Pestepidemien und Hungersnöte; und die schlimmsten Hexenverfolgungen finden statt.

Die großen Hexenverfolgungen zwischen 1626 und 1630

Verbrennung der Hexe zu Schiltach (Flugblatt)

Oft war die Stimmung in der Bevölkerung der Anlass für eine Verfolgungswelle. Zuerst wurden sozial verdächtige Personen der Hexerei beschuldigt. Zu Beginn einer Welle waren das oft die klassischen Hexen, alte, alleinstehende, arme Frauen, Außenseiterinnen der jeweiligen städtischen oder dörflichen Gemeinschaften. Man klagte Hexen und Hexer wegen der unterschiedlichsten Delikte an, konnte sie für alle Schäden an Leib und Gut, für alle ungewöhnlichen Vorfälle verantwortlich machen. Man traute ihnen zu, die Ernten mit vielfältigen Zaubermitteln zu vernichten:

"… mit ungewöhnlichen donnern, Blitz, Schauer, Hagel, Sturmwinden, Wassernöten, Mäusen, Gewürm und was andere Sachen mehr sein ..."
… heißt es in der ”Erweytterten Unholden Zeyttung” von 1590.


Hexen, Drudner, Unholde: Sie konnten Mensch und Vieh Krankheiten anhexen, sie machten die Alten lahm, die Gebrechlichen noch gebrechlicher, töteten ungetaufte Säuglinge, flogen zu ihren Satanstreffen durch die Luft, buhlten mit dem Teufel ”und was andere Sachen mehr sein”.

Geständnisse unter Folter

Wie aber den Hexen ihr Tun nachweisen? Wie sie überführen? Und waren die Ankläger nicht auch gefährdet, denn wenn sie von den Hexereien wussten, wer sagte, dass sie nicht selbst mit dem Teufel im Bunde standen? Sehr schnell begann sich eine Spirale zu drehen aus Anklage, Selbstbezichtigung und Denunziation, die bald viele in ihren Strudel zog. Verantwortlich dafür war die Folter. Wer der Hexerei bezichtigt wurde, der kam ins peinliche Verhör. Jenseits sämtlicher damals gültigen Prozessordnungen wurde er oder meistens sie mit Beihilfe des Scharfrichters befragt. Unter der Folter blieb den Beschuldigten nichts anderes übrig, als die geforderten Auskünfte zu geben. Und so dachten sich die angeblichen Hexen abstruse Geschichten aus und beschuldigten andere Unschuldige der Mithexerei. Viele blieben bei ihrem ersten Verhör noch bei der Wahrheit; dass es aber unmöglich war, sich den grausamen Verhörmethoden auf Dauer zu widersetzen, das zeigen die erhaltenen Dokumente.

Mit den großen Verfolgungen zwischen 1626 und 1630 nahm auch die Kritik an den Hexenprozessen zu. Nach 1630 ebbte der grausame Spuk in Süddeutschland ab.


11