Bayern 2 - Bayerisches Feuilleton


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"Der Bayersche Hiesel" Wie die Romantiker zu den Räubern kamen

Mathias Klostermayr, der "boarische Hiasl", ist legendär. Als Sozialrebell war er zur Zeit der Französischen Revolution in ganz Deutschland ein Held. Der Berliner Romantiker Ludwig Tieck hat damals, noch als Schüler, einen Räuber-Roman über ihn geschrieben, der 2005, also nach über 200 Jahren, wiederveröffentlicht wurde - unter dem in bayerischen Ohren schauderhaft klingenden Titel "Der Bayersche Hiesel". Thomas Grasberger hat das Buch gelesen und lässt Tiecks Räuberpistole über Leben und Tod des berühmt-berüchtigten Wildschützen und Outlaws noch einmal lebendig werden.

Von: Thomas Grasberger

Stand: 10.05.2014 | Archiv

Hinrichtung des bayerischen Hiasl, Mathias Klostermayr, in Dillingen, 1771 | Bild: Süddeutsche Zeitung Photo

Wer des Bairischen mächtig ist, dem wird´s beim Lesen des Titels den Magen umdrehen. Aber Ludwig Tieck ging es mit seinem “Bayerschen Hiesel” nicht um getreue Wiedergabe des Dialekts, sondern um ein Thema, das die Romantiker besonders faszinierte: die Räuber. Mathias Klostermayr, der bairische Hiasl, war der berühmteste Wildschütz und Sozialrebell seiner Zeit, weshalb Tieck diesen Stoff auch aufgriff. 20 Jahre nach der ersten - anonym erschienenen - Hiasl-Biografie bekam er 1791 den Auftrag, dieses Buch umzuschreiben. Lebensnah und aktuell ordnet er die Geschichten um den legendären Wildschützen neu. Das Leserinteresse an wahren und schaurigen Geschichten war groß, und die Geschichte vom Leben und Sterben des schwäbisch-bayerischen Helden der kleinen Leute bediente dieses Interesse bestens. Ein Stoff, aus dem spannende Unterhaltungsliteratur ist.

1771 wurde Mathias Klostermayr verhaftet

Die Verhaftung der Hiaslbande in Osterzell, 1771

Klostermayr, 1736 geboren, war der Sohn eines Hirten und Tagelöhners. Die Jagdleidenschaft soll er vom Vater geerbt haben, schon in jungen Jahren stand er organisierten Wildschützenbanden nahe. Wilderer wie er waren aber immer auch Rebellen, die sich gegen die Obrigkeit stellten. 1615 hatte der bayerische Herzog Maximilian die Wilderei zum Majestätsverbrechen und zum Landfriedensbruch erklärt. Klostermayrs Leben endete schließlich auf dem Richtplatz.

Die Jagd war den hohen Herren vorbehalten

Hiasls Bande schießt, was die Büchse hält. Das erlegte Wild wird verkauft. Davon leben die Gesellen. Und dafür werden sie auch verfolgt. Denn die Jagd ist den hohen Herren vorbehalten.

In uralten germanischen Zeiten war das noch anders, da durfte jeder. Aber seit dem 12. und 13. Jahrhundert gingen die königlichen Wildbannrechte auf die Landesherren über. Die Adligen hatten fortan den Spaß und das Fleisch.

Und die einfachen Bauern den Ärger: Flurschäden auf den erntereifen Feldern, zudem noch Frondienste für Adel und Klerus, die ihrem Hobby nachgingen. Bauern hingegen, die selber jagten, wurden hart bestraft. Denn in Bayern war die Wilderei seit 1615 ein Majestätsverbrechen. Im schlimmsten Fall stand darauf die Todesstrafe. Kein Wunder also, dass Leute wie Klostermayr echte Volkshelden waren. Jedes erlegte Stück Wild schützte die Felder des Bauern. Jeder erschossene Jagdaufseher war ein kleiner Tyrann weniger.

Ludwig Tiecks romantische Räuberbegeisterung

2005 hat der Insel Verlag Ludwig Tiecks “Bayerschen Hiesel” erstmals nach über 200 Jahren wieder veröffentlicht. Thomas Grasberger hat sich in diese Geschichte vertieft, erzählt vom echten bayerischen Hiasl, seiner Spiegelung in der Tieckschen Version und von der Räuber-Begeisterung der Romantiker.

Buchtipp:

Ludwig Tieck

Mathias Klostermayr oder
der Bayersche Hiesel


  • Autor: Ludwig Tieck
  • Herausgeber: Heiner Boehncke, Hans Sarkowicz
  • Taschenbuch: 157 Seiten
  • Verlag: Insel Verlag
  • Auflage: Originalausgabe (28. Februar 2005)
  • ISBN-10: 3458347771
  • ISBN-13: 978-3458347774

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