Bayern 2

radioWissen am Nachmittag Botho Strauß und Peter Handke

Peter Handke | Bild: picture-alliance/dpa

Dienstag, 23.12.2014
15:05 bis 16:00 Uhr

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BAYERN 2

Botho Strauß
Fremdenführer durchs Gewöhnliche
Autorin: Ania Mauruschat / Regie: Irene Schuck

Peter Handke
Der Hohepriester des Sensiblen
Autorin und Regie: Gabriele Knetsch

Das Kalenderblatt
23.12.1938
Quastenflosser gefangen, lebendes Fossil
Von Yvonne Maier

Als Podcasts verfügbar

Der Schriftsteller und Dramatiker Botho Strauss ist ein 68er-Renegat, wie er im Buch steht: Geboren am 2. Dezember 1944, studierte er in den 60er Jahren in Köln und München Germanistik und Soziologie, bevor er das Studium abbrach und ganz gemäß dem Zeitgeist mit linkem Verve aufsehenerregende Kritiken für die Zeitschrift "Theater heute" verfasste. Spätestens Ende der 70er hatte Strauss jedoch endgültig dem dialektischen Denken abgeschworen: "Ohne Dialektik denken wir auf Anhieb dümmer; aber es muß sein: ohne sie!" Seitdem ist sein Thema die Oberfläche einer desolaten Konsum- und Freizeitgesellschaft und eines belanglosen Kulturbetriebs, die Botho Strauss im hohen Ton seiner schwebenden Sprache so zeitlos wie zeitgenössisch umkreist - eine dünne Oberfläche, unter der seit Anbeginn der Zeit die Mythen und der Abgrund lauern, von denen Strauss immer wieder - mal mehr, mal weniger - raunend erzählt und denen er gerne voller Pathos die Liebe samt ihren Tücken entgegenhält. Den Ruf, ein "Rechtsintellektueller" zu sein, brachte Botho Strauß endgültig sein 1993 im SPIEGEL veröffentlichter Essay "Anschwellender Bocksgesang" ein. Feuilletonisten wie der FAZ-Theaterkritiker Gerhard Stadelmaier jedoch verweisen auf Strauß' Hellsichtigkeit, mit der er die Kulturkämpfe des 21. Jahrhunderts vorhergesehen habe, und loben den Dramatiker: "Botho Strauss ist (...) ein großer Leichtmacher. Das Schwerste noch schreibt er in die Luft. Seine Dramen sind keine Tragödien. Sondern Gesellschaftskomödien - die einzigen, die wir haben."
Peter Handke, ein Hohepriester der Sprache, ein Preisgekrönter, ein Bewunderter - aber auch ein Schwieriger. Bücher wie "Die Angst des Tormanns beim Elfmeter", "Die linkshändige Frau" oder "Publikumsbeschimpfung" gehören zu den Klassikern des Deutsch-Unterrichts. Die Liste seiner Romane, Theaterstücke, Gedichte, Essays zeigt seine unbändige Schaffenskraft. Und doch macht einem der österreichische Schriftsteller, laut Who’s Who "einer der bedeutendsten Autoren der Gegenwart", jede Annäherung alles andere als leicht. Politisch verstand er sich als 68er und rechnete mit den Übervätern der deutschen Literatur ab. Die Gruppe 47 schmähte er in einer fulminanten öffentlichen Rede als "läppisch" - und katapultierte sich dadurch 1966 in alle Feuilletons. Dort wurde er auch 30 Jahre später wieder höchst kontrovers diskutiert: Handke hatte im Jugoslawienkrieg offen für den Aggressor Serbien Partei ergriffen. Den wegen Kriegsverbrechen angeklagten Slobodan Milosevic besuchte Handke im Gefängnis in Den Haag und trat 2006 als Redner auf seiner Beerdigung auf. Journalisten meidet er gerne - oder beschimpft sie. Preise lehnte er ab. Und auch Handkes Privatleben gleicht dem einer unsteten Romanfigur.
Redaktion: Petra Herrmann
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