Bayern 2

     

Bayerisches Feuilleton Karl Valentin und Liesl Karlstadt

Karl Valentin und Liesl Karlstadt | Bild: picture-alliance/dpa

Sonntag, 31.08.2014
20:05 bis 21:00 Uhr

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BAYERN 2

Filmgeschichten
5) Das Unikum und die Welt drumherum
Valentin & Karlstadt-Filme
Von Markus Metz und Georg Seeßlen
Nicht als Podcast verfügbar
Wiederholung vom Samstag, 8.05 Uhr

1912 wurde in einem Rückgebäude der Münchner Pfisterstraße von einem eigenwilligen "Volkssänger" das "Kunstlicht-Atelier für Kino-Aufnahmen Carl Valentin" gegründet. Ein Unternehmen, aus dem eine spezifisch bayerische Form der Stummfilm-Komödie hätte hervorgehen können, denn dieser Valentin galt hellhörigeren zeitgenössischen Kritikern wie Siegfried Kracauer als jemand, der es zweifellos in die Klasse von Charlie Chaplin, Buster Keaton oder Max Linder hätte schaffen können. Allein sein Film "Der neue Schreibtisch" schien ihnen dafür Beleg genug. Allerdings beherrschte dieser Komiker auch wie kein zweiter die Kunst der Selbst-Sabotage. So zerdepperte er, kaum geliefert, die sündteuren Jupiterlampen für die Aufnahmen und war nach sechs Monaten "rettungslos verkracht".
Doch 1922 schrieb Karl Valentin Filmgeschichte, zusammen mit Bert Brecht, Erich Engel, Blandine Ebinger und vielen anderen: "Mysterien eines Frisiersalons" ist nicht viel weniger als ein "Chien andalou" für Deutschland, ein Meisterwerk des surrealistischen "film maudit". Was dann kam - und es ist nicht zu unterschätzen! - sind vor allem Filmdokumente bühnenbewährter Sketche in gelegentlicher filmischer Auflösung der Szenen und manchmal durch Rahmenhandlungen verbunden. Dabei ist insbesondere in den Kurzfilmen der dreißiger Jahre überdeutlich, dass das traumwandlerische Funktionieren der Sketche mindestens so sehr Liesl Karlstadt zu verdanken ist wie Valentin selber: Valentin war immer Valentin, Liesl Karlstadt konnte überzeugend alles andere sein, vom Lehrbuben bis zum Orchesterdirigenten. Valentin war das Unikum, Liesl Karlstadt die Welt drumherum, zwei verkappte Kino-Genies, die sich leider nur bei eher mittelmäßigen Regisseuren bewähren durften.
Markus Metz und Georg Seeßlen fordern einen Platz (kein Denkmal) für Valentin/Karlstadt in der deutschen Filmgeschichte.

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