Bayern 2

     

Bayerisches Feuilleton Der Untergang des Regisseurs Herbert Selpin

Herbert Selpin (1942) | Bild: Deutsche Kinemathek - Museum f. Film u. Fernsehen, Berlin

Sonntag, 03.08.2014
20:05 bis 21:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Filmgeschichten
1) Der Untergang des Filmregisseurs Herbert Selpin
Chronik einer Denunziation
Von Friedemann Beyer
Als Podcast verfügbar
Wiederholung vom Samstag, 8.05 Uhr

Im Frühjahr 1942 entsteht auf Geheiß von Propagandaminister Goebbels eine deutsche Verfilmung der Titanic-Katastrophe. Regisseur dieser Großproduktion mit antibritischer Tendenz ist der 39jährige Herbert Selpin. Zwischen ihm und seinem engsten Mitarbeiter und Freund, dem Autor Walter Zerlett-Olfenius, kommt es während der Dreharbeiten zum Zerwürfnis. Kurze Zeit später wird Selpin wegen "wehrkraftzersetzender Äußerungen" denunziert und muss sich deshalb bei staatlichen Stellen verantworten. Während die Arbeiten an seinem Film weiter laufen, muss er monatelange Ermittlungen über sich ergehen lassen. Aus einem privaten Streit ist ein politischer Skandal geworden, der höchste Stellen des NS-Regimes beschäftigt. Nach einer Vorladung zu Goebbels, bei der Selpin seine Äußerungen nicht widerruft, wird er verhaftet und am folgenden Tag, dem 1. August 1942 erhängt in seiner Zelle aufgefunden. Titanic wird von Selpins Kollegen Werner Klingler fertig gestellt und kommt erst 1950 in die Kinos.
Nach Selpins Tod blieb lange umstritten, ob er Selbstmord begangen hatte oder von Gestapo-Schergen erwürgt worden war. Bis heute halten sich Zweifel. Ebenso wie über die Frage, ob Selpin von seinem Freund Walter Zerlett-Olfenius verraten worden war. Licht ins Dunkel versuchte ein Spruchkammerverfahren zu bringen, dem sich im Frühjahr 1947 der Mitarbeiter Selpins in München stellen musste.
Zweiundsiebzig Jahre nach dem Ende Herbert Selpins rekapituliert Friedemann Beyer die Ereignisse und zeichnet ein psychologisch wie politisch erhellendes Kapitel deutscher Zeitgeschichte. Darin werden nicht nur menschliche Verhaltensweisen im Zeichen der NSDiktatur beleuchtet, sondern auch die Atmosphäre einer bedrückenden Zeit.

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