Bayern 2

     

Zündfunk Generator Kultur, Kapitalismus und Arbeiterklasse

Sonntag, 18.05.2014
22:05 bis 23:00 Uhr

BAYERN 2

Kultur, Kapitalismus und Arbeiterklasse
Einblicke vom kanadischen Gewerkschaftshistoriker Sam Gindin
Von Judith Schnaubelt
Internet: www.bayern2.de/zuendfunk
Als Podcast verfügbar

Der weltumspannende Kapitalismus von heute wird gerne bildhaft als "Vampirkapitalismus" beschrieben. In welchen Zeiten aber leben wir, wenn selbst der echte, eigentlich unsterbliche Vampir inzwischen um sein Überleben kämpfen muss? Wenn er frustriert darüber ist, was die Menschen so anrichten in der Welt ? "It’s the way they treat the world. And now they have succeeded in contaminating their own blood, never mind their water", sagt der Vampir in
Jim Jarmuchs aktuellem Film "Only Lovers left alive".
Und wenn er nicht gestorben ist, dann lebt er noch heute in der düsteren Innercity von Detroit, der Vampir. Natürlich in Detroit. Welche Stadt wäre mehr Symbol für die Auswüchse des Vampirkapitalismus? Motorcity Detroit, die einst blühende Industriestadt in Michigan, die dem Verfall und dem Bankrott preisgegeben wurde.
Preisgegeben von wem? „Vom amerikanischen Imperium“, sagt Sam Gindin. Und hat sich zum Phänomen viele Fragen gestellt, zum Beispiel:
"Was ist das für ein Imperium, das Detroit in einen Friedhof verwandelt hat?" "Warum akzeptieren die Arbeiter in den USA, die ständig drangsaliert werden, eigentlich dieses System und rebellieren nicht dagegen?" Oder: "Wie ist die ökonomische und kulturelle Globalisierung eigentlich entstanden?"
Sam Gindin hat über 25 Jahre bei der "Canadian Auto Workers Union" gearbeitet, als Ökonom und Gewerkschaftshistoriker. Bis heute ist er Dozent für Politische Wissenschaften an der York University in Toronto. Hier lehrt auch
Politik-Professor Leo Panitch. Mit ihm zusammen untersuchte Sam Gindin die Entwicklung des „Imperiums“ und dessen Einfluss auf den Rest der Welt wissenschaftlich. Diese Analysen sind nachzulesen in „The Making of Global Capitalism - The Political Economy of American Empire“, Ende 2012 beim Verso-Verlag erschienen, bisher nur auf Englisch.
Im Interview für den Zündfunk-Generator gibt Sam Gindin Einblicke über das Zusammenwirken von Politik, Kultur und Ökonomie, das zum Neoliberalismus von heute geführt hat. Er erklärt das "Vorzeigemodel U.S.A" und auch, welche Rolle Gewerkschaften und Arbeiterschaft im Prozess gespielt haben. "Der Kapitalismus hat den Menschen nach dem Krieg versprochen: All’ die schönen Sachen, die euch der Sozialismus in Aussicht stellt, die haben wir auch parat, nur mit weniger Risiko verbunden. Ihr werdet mehr Konsumgüter, mehr Gleichheit durch das Steuersystem und Sozialprogramme bekommen. Und mehr Demokratie. Die Arbeiterschaft hat das in den 50er und 60er Jahren akzeptiert. In der Hoffnung, sich unter kapitalistischen Bedingungen besser zu entwickeln."
Wie die Geschichte fortgeschrieben wurde; warum Detroit unterging; weshalb die Occupy-Bewegung nicht wirklich durchstartete und wie Sam Gindin die Zukunft von Gewerkschaften einschätzt, erzählt er am Sonntag im Zündfunk-Generator.