Bayern 2

     

Nachtstudio Gebt mir Möglichkeit, oder ich ersticke!

Freitag, 30.03.2018
22:05 bis 23:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Ein "Denkmal" für Gilles Deleuze
Von Jan Snela

Als Podcast und in der Bayern 2 App verfügbar

"Vielleicht wird das Jahrhundert einmal deleuzianisch sein" orakelte der berühmte französische Philosoph Michel Foucault über seinen Freund und Kollegen Gilles Deleuze, der sich am 4. November des Jahres 1995 aus dem Fenster seiner Pariser Wohnung stürzte. Die Franzosen nennen diese Art sich das Leben zu nehmen "se defenêtrer", was so viel bedeutet wie "sich entfenstern". Deleuze hatte seine Gründe. In der "besten aller möglichen Welten" war er mit Lungenflügeln ausgestattet worden, die ihn nicht weiter trugen als zum 70ten Lebensjahr. In diesem Alter fühlte er sich mit dem Sauerstoffversorgungsgerät, das er mit sich herumtragen musste, seinen eigenen Worten zufolge, nur noch wie ein "Hund an der Leine". Doch ist es überhaupt denkbar, dass Gilles Deleuze - Leitwolf des postmodernen Nomadentums und programmatischer Zickzackläufer zwischen Flucht und kreativem Ausweg - im Augenblick seines Sturzes ganz diszipliniert, ganz funktional in die Tiefe plumpste? Oder geschah in Wahrheit etwas anderes beim Sich-Entfenstern? Die Schriften Deleuzes geben uns einige Werkzeuge in die Hand, seinen Fall ein wenig anders aufzufassen: verworrener und virtueller… Mit Einfühlung, Abstraktion und Andacht hat sich Jan Snela in den Pariser Hinterhof der Avenue Niel begeben, um der Frage nachzugehen, wer oder was dort - nach zwanzig Jahren - noch in der Luft liegt.