Bayern 2

Bayerisches Feuilleton Szenen einer Ehe - Franz Joseph und Elisabeth

Samstag, 23.12.2017
08:05 bis 09:00 Uhr

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BAYERN 2

"Wenn er nur ein Schneider wäre …"
Szenen einer Ehe - Franz Joseph und Elisabeth
Von Brigitte Reimer
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"An des Kaisers Seite waltet, / Ihm verwandt durch Stamm und Sinn,
Reich an Reiz, der nie veraltet, / Unsere holde Kaiserin.
Was das Glück zuhöchst gepriesen, / Ström auf sie der Himmel aus!
Heil Franz Joseph, Heil Elisen, / Segen Habsburgs ganzem Haus!"

So die aus Anlass der Vermählung der bayerischen Prinzessin Elisabeth mit dem österreichischen Kaiser Franz Joseph gedichtete zweite Strophe der Nationalhymne. Auch die "holde Kaiserin" dichtete. Allerdings klingt ihr Werk wenig glücklich:
"Ich wollt', die Leute ließen mich, / In Ruh und ungeschoren,
Ich bin ja doch nur sicherlich / Ein Mensch, wie sie geboren."

Das war sie nach der Hochzeit am 24. April 1854 eben nicht mehr. Jetzt war sie keine private Person, sondern eine öffentliche. Ihren Zorn über "tückisch auf sie gerichtete Operngläser" wurde sie dichtend los - und dadurch, dass sie sich ihren Pflichten als Kaiserin mehr und mehr entzog. "Die Welt ist herrlich, wenn man den Menschen meidet ...", dieser Satz von D. H. Lawrence könnte auch von ihr stammen. Ein wichtiger Teil ihrer Verweigerung war ihr Schönheitskult. Je älter sie wurde, je weniger sie ihrem Anspruch auf Schönheit genügte, umso mehr zog sie sich zurück. Wenn sie schon altern musste, dann wenigstens unbeobachtet. Ihr öffentliches Bild sollte unverändert, unbeschädigt bleiben.

Doch hat eine Kaiserin überhaupt das Recht auf ein Privatleben? Muss sie nicht akzeptieren, dass jeder Schritt, jeder Satz, jede Geste registriert, kommentiert werden? Kaiserinnen werden nicht in Ruhe gelassen, genauso wenig wie Prinzessinnen; Lady Diana Spencer, Caroline von Monaco haben das ein Jahrhundert später und vermutlich um einiges intensiver erfahren.

Brigitte Reimer schildert Szenen einer kaiserlichen Ehe - aus Anlass von "Sisis" 180. Geburtstag am 24. Dezember 2017.

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