Bayern 2

     

Bayern - Land und Leute Tragant und Schokolade

Schokoladen-Pralinen | Bild: colourbox.com

Sonntag, 10.12.2017
13:05 bis 13:30 Uhr

BAYERN 2

Tragant und Schokolade
Süßes Biedermeier
Von Cornelia Oelwein
Als Podcast und in der Bayern 2 App verfügbar

"Verzuckerte Griechen, Zigeuner mit ihrer Präciosa, Studenten, Helden der Geschichte, ja ganze Krippen, Billards und Kasernen von Zucker sind bereit zum Kaufe." So wurden einst süße Meisterwerke in der Vorweihnachtszeit angeboten. Doch auch zu den übrigen Jahreszeiten hatten die biedermeierlichen Zuckerbäckerläden Hochkonjunktur. Süßigkeiten waren damals äußerst beliebte Geschenke. Die "sinnreichsten und Scherze machenden Figuren" wurden sogar in den Zeitungen besprochen. Ganze Familien zogen durch die Konditoreien, die in der Adventszeit extra Räume für die Ausstellung der süßen Leckereien eingerichtet hatten, und bewunderten die Köstlichkeiten.

Kunstvolle Zuckerdekorationen kannte man bereits in der Barockzeit auf höfischen Tafeln; im Biedermeier erlebte die Zuckerbäckerkunst einen letzten Höhepunkt, so ausgefeilt und so lebensnah, dass es sogar zu juristischen Nachspielen mit porträtierten Zeitgenossen kam. Ein Zeitungsjournalist befürchtete, dass man bald von Professoren der Zuckerbäckerei hören werde, die Kurse an der Akademie anbieten, die man nachweisen muss, "um als Conditor oder Canditor zu promovieren".

Um den Zucker zu filigranen und beständigen Kunstwerken zu formen, bedurfte es eines geeigneten Bindemittels, des Tragants: ein Pflanzenharz, das getrocknet steinhart wird. Die Grenze zwischen Genussmittel und Dekoration ist beim Tragant fließend, und so überrascht es nicht, dass die sehr viel besser schmeckende und weichere Schokolade ihm bald den Rang ablief. Farbig-glänzend verpackt zierte sie seit den 1830er Jahren neben den bemalten Tragantfigürchen den Christbaum.

Die biedermeierlichen Kunstwerke sind längst dahin. Kleine Kutschen und Brautpaare aus Tragant auf Hochzeitstorten oder Schokolade-Weihnachtsmänner sowie in buntes Stanniolpapier gewickelte Täfelchen für den Christbaum sind nur klägliche Überbleibsel einer heute kaum mehr praktizierten Zuckerbäcker- und Chocolatierkunst.

Cornelia Oelwein ist der Spur der biedermeierlichen Naschkatzen gefolgt und berichtet im wahrsten Sinne des Wortes Zuckersüßes aus vergangenen Tagen.