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Bayern - Land und Leute Der Münchner Badehosen-Skandal von 1922

Reichspräsident Friedrich Ebert (r.) und Reichswehrminister Gustav Noske (l.) beim Baden im Ostseebad Haffkrug ('Berliner Ilustrirte Zeitung', 1919) | Bild: SZ Photo/Süddeutsche Zeitung Photo

Sonntag, 24.07.2016
13:05 bis 13:30 Uhr

BAYERN 2

Unter der Gürtellinie
Der Münchner Badehosen-Skandal von 1922
Von Thomas Grasberger
Als Podcast verfügbar

Fotos von mächtigen Männern werden oft propagandistisch wirksam in Szene gesetzt. Sie können in der Öffentlichkeit aber auch böse nach hinten losgehen. Diese bittere Erfahrung musste der erste deutsche Reichspräsident Friedrich Ebert machen. Am Tag seiner Vereidigung im Sommer 1919 erschien in der Berliner Presse ein Foto, das Ebert und Reichswehrminister Gustav Noske im Ostseebad Haffkrug in der Lübecker Bucht zeigte - in eher ungewöhnlicher Pose, nämlich in kurzen Badehosen und bis zu den Knien im Wasser stehend. Die beiden Sozialdemokraten waren bei der Aufnahme arglos gewesen. Schließlich hatte der Fotograf Wilhelm Steffen versichert, die Bilder nicht zu veröffentlichen. Der Strand-Paparazzo aber hielt nicht Wort und löste damit in der jungen Weimarer Republik einen politischen Skandal aus.

Rechtskonservative und rechtsradikale Kreise nutzten fortan jede Gelegenheit, mit dem Foto die Demokratie und ihren ersten Mann lächerlich zu machen. In Zeitungsartikeln wurde fälschlich behauptet, die beiden Politiker hätten es darauf abgesehen gehabt, "ihre ganze Mannesschönheit zur Schau zu stellen". Und auf Postkarten platzierte man den Badehosenträger Ebert neben dem ehemaligen Kaiser in schneidiger Uniform. So kurz die Hose auch sein mochte, der Skandal dauerte lang!

Im Sommer 1922, immerhin drei Jahre nach Veröffentlichung des Bildes, besuchte der Reichspräsident München und prompt schwenkten am Hauptbahnhof rechte Studenten rote Badehosen. Einige wurden verhaftet, aber der Spott sollte auch künftig nicht aufhören. Ebert musste sich bis zu seinem Tod 1925 gegen diffamierende Darstellungen mit Strafanträgen zur Wehr setzen. Freilich vergebens.