Bayern 2

     

Bayerisches Feuilleton Miss Anny, born in Lower Bavaria

Meilhamer | Bild: Quirin Stoiber

Sonntag, 31.01.2016
20:05 bis 21:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Miss Anny, born in Lower Bavaria
Das abenteuerliche Leben der Anna Meilhamer im Indianerland
Von Eva Demmelhuber
Als Podcast verfügbar
Wiederholung vom Samstag, 8.05 Uhr

Tettenweis, 17. Mai 1899: "Der Bauer Michael Meilhamer zeigt an, dass in Stadlreit, Haus Nr. 49, von der Franziska Meilhamer am 12. Mai Vormittag um 9 Uhr ein Kind weiblichen Geschlechtes geboren worden sei, welches den Vornamen Anna erhalten habe." Dreißig Jahre später erhalten die Meilhamers unglaubliche Berichte aus New Mexico: "Habe heute am 19. Dezember wieder einen Wolf geschossen, gestern einen und heute einen. Ich bin so voller Flöhe, seitdem ich jagen reite, da ich die Tiere aufs Pferd binden muss, und bis ich heimkomme, haben die Flöhe an mir einen Brotherrn gefunden." Einer von vielen hundert Briefen, die das "crazy girl from Germany" aus dem Indianerland nach Hause schreibt. Literarische Kleinode über das Cattleing und Ranching, Überschwemmungen und Sandstürme, Klapperschlangen und Stinktiere, oft mit kunstvollen Zeichnungen und Skizzen versehen. Und es gibt auch immer wieder anrührende Briefe über die Krankheit, an der sie leidet: die Tuberkulose.

Ihr Vater lehrt sie mit dem Gewehr umzugehen

Anna Meilhamer wächst als eines von 10 Kindern im niederbayerischen Stadlreit, später in Pocking auf, der Vater, ein Holzhändler, führt ein strenges Regiment, aber er nimmt seine älteste Tochter mit auf die Jagd. Sie lernt mit dem Gewehr umzugehen und wird eine so gute Schützin, dass sich in New Mexico kein Bandit ihrer kleinen Lehmhütte auch nur zu nähern wagt.

Sie führt ein freies, wildes Leben in Amerika

Nach Jahren in einem Kloster in Wien, lebt sie in München und Berlin, stellt dann im Frühjahr 1927 einen Ausreiseantrag. Mit der Ankunft in New York beginnt ihr abenteuerliches Leben in Amerika. Um ihren Körper zu stählen, schwimmt sie täglich im kalten Ozean. Wegen ihrer Krankheit reist sie in wärmere Gefilde, nach Colorado, dann nach New Mexico in die "High Desert", das Davos der amerikanischen "Lungers", wie man die Tuberkulosekranken dort nennt. Sie lebt einsam und abgeschieden in einer Lehmhütte, arbeitet als Cowgirl, reitet täglich 30 Kilometer ihre Fallen ab, sie betreibt einen kleinen Pelzhandel, liefert Felle nach München und Niederbayern, ernährt sich von Milch und rohen Eiern, nimmt täglich nackt ihre Sonnenbäder, reitet als einzige Frau auf Rodeos mit, zeichnet und stellt aus, schreibt für Zeitungen und viele Briefe in die Heimat. Ein freies, wildes Leben. Bis sie eines Tages die Krankheit wieder schwer beutelt. Im Februar 1940 kommt sie in ein Lungensanatorium. Ihr letzter Brief endet mit: "There is nothing to worry about me."

Eva Demmelhuber folgt der Fährte von Miss Anny, einer Tante des bayerischen Kabarettisten und Schauspielers Hanns Meilhamer.

Hörkino zum Frühstück statt Frühstücksfernsehen

Das Bayerische Feuilleton erzählt keine Geschichten, die schon 100 Mal erzählt wurden. Alle Spielarten von Geschichte hinter den Geschichten sind möglich. Wir nutzen die Chance für Spott, Scherz, Satire und Ironie. Uns interessieren Themen, in denen sich reale Ortschaften mit Literatur und Kunst verbinden. Wir schätzen Originale in der schönen neuen Medienwelt der "Unauffälligen". Wir bieten radiophone Geschichten mit Gedankenstoff und Spielraum für Gefühle. Als journalistisches Genre hat das Bayerische Feuilleton eine anspruchsvolle Tradition.