Bayern 2

     

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Sonntag, 13.12.2015
22:05 bis 23:00 Uhr

BAYERN 2

"Was schlecht für mich ist, ist gut für den Roman."
Feridun Zaimoglus beschwerliche Reise nach Istanbul
Von Eren Güvercin
Internet: www.bayern2.de/zuendfunk
Als Podcast verfügbar

Feridun Zaimoglu ist ein gut unterrichteter Tourist, wenn er im Land seiner Eltern ist. Er lauscht den Geschichten der Menschen, Er streift durch die Straßen, und all diese Geschichten fügen sich für ihn zu einer großen Menschenlandschaft zusammen. Für seinen neuen Roman "Siebentürmeviertel" hat der Schriftsteller Istanbul in den letzten Jahren einige Male besucht. Wegen einer chronischen Flugangst musste er jedes Mal mit dem Bus reisen. Eine beschwerliche Reise, die aber hilfreich für seinen Roman war. So hatte er genug Zeit, sich schon während der Reise in das Istanbul der 1930er Jahre hineinzuversetzen.
Für Feridun Zaimoglu ist Istanbul allerdings mehr als ein Postkartenmotiv. Er wollte nicht das allseits bekannte Istanbulbild reproduzieren. Sein Roman handelt von der Geschichte des deutschen Jungen Wolf, der mit seinem Vater vor dem Naziregime flüchten muss. Das Siebentürmeviertel wird für Wolf zur neuen Heimat.
Gleichzeitig ist der Roman auch ein Porträt der Metropole Istanbul. Das Thema Flucht beschäftigte Feridun Zaimoglu auch während seiner Recherche für den
Text. Überall begegnet er syrischen Flüchtlingen und die große Solidarität der Menschen bewegt ihn.
Konfrontiert wird Zaimoglu in Istanbul aber auch mit der zunehmenden Gentrifizierung, der Bauwut und der Verdrängung von armen Bewohnern aus ihren traditionellen Vierteln. Sie müssen Platz machen für Luxusunterkünfte, Shopping Malls und künstliche Kulissen. Dadurch verliert Istanbul seinen eigentlich Flair und seinen kulturellen Reichtum.