Bayern 2

radioFeature Atomunfall Harrisburg

Atomunfall Harrisburg | Bild: Karl Hoffmann

Samstag, 17.03.2012
13:05 bis 14:00 Uhr

BAYERN 2

Langzeitfolgen
Three Mile Island, der Wissenschaftler und die Suche nach der Wahrheit
Von Karl Hoffmann
Wiederholung am Sonntag, 21.03 Uhr

Bühnenarbeiter stellen Leinwände auf, Techniker kontrollieren Projektoren. Der Raum wird dunkel, auf den Leinwänden erscheinen Gesichter, Landschaften, Kühltürme eines Kernkraftwerkes. Wolken ziehen vorüber, Luftaufnahmen von einer Flusslandschaft. Wetterkarten tauchen auf. Und dann eine Gestalt mit zerzausten Haaren, die leidenschaftlich in die Kamera spricht, die Hand auf einem Papier mit dem englischen Titel: TMI - The Meteorological Setting of the ‘TMI-2’Nuclear Accident on 28 March 1979…
Die Videoaufnahmen sind nicht professionell, aber von historischem Wert. Der Wissenschaftler Ignaz Vergeiner hat Mitte der 90er Jahre für die Bewohner von Harrisburg eine bemerkenswerte Studie zum Atomunfall von Three Mile Island erarbeitet, dem bis dahin schwersten Unfall in einem Kernkraftwerk. Die Folgen wurden lange Zeit vertuscht, bestritten, geleugnet. Der Meteorologe Ignaz Vergeiner hat Jahre nach dem Vorfall sämtliche Wetteraufzeichnungen der Umgebung am Unglückstag zusammengetragen und belegt, dass sich die gesamte Radioaktivität, die bei dem Unfall freigesetzt wurde, in unmittelbarer Nähe abgelagert hat und dass viele der Bewohner verstrahlt worden sein müssen. Doch die Studie des streitbaren Meteorologen aus Osttirol, wurde von den amerikanischen Justizbehörden als unerheblich abgetan. Sie wäre in Vergessenheit geraten, hätte Vergeiner nicht kurz vor seinem Tod ein Testament in Form eines Videointerviews hinterlassen, in dem er Gerechtigkeit für die Menschen rund um Three Mile Island fordert. Auch mehr als 30 Jahre nach dem Reaktorunglück nehmen Behörden und Kraftwerksbetreiber die erhöhte Krebsrate und andere Folgen nicht ernst. Nach Tschernobyl und Fukushima werden auch die Langzeitfolgen aus Harrisburg wieder zum Thema. Und Ignaz Vergeiners Video-Testament wird zum Anti-Atomkraft-Theaterstück und im ZKM, im Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe, uraufgeführt. Letzter Versuch einer positiven Langzeitfolge.