Bayern 2

     

Hörspiel Die Quellen sprechen (12/16)

Die Quellen sprechen. Eine dokumentarische Höredition: "Dok. 12-093: Liebe Kinder. Wir sind auf dem Weg nach Birkenau, glauben wir. Auf," (Salomon und Hanna Gotlib werfen am 2. November 1942 eine Karte aus dem Deportationszug und verabschieden sich von ihrer Tochter und deren Mann) | Bild: Keller Maurer Design, München

Samstag, 30.05.2015
15:05 bis 17:00 Uhr

BAYERN 2

Die Quellen sprechen
Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945
Eine dokumentarische Höredition
Teil 12: West- und Nordeuropa Juli 1942-1945
Mit Wiebke Puls und Matthias Brandt
Bearbeitet von Barbara Lambauer, Katja Happe und Clemens Maier-Wolthausen
Mitarbeit: Maja Peers
Manuskript: Stephanie Metzger
Regie: Ulrich Lampen
BR Hörspiel und Medienkunst in Zusammenarbeit mit dem Institut für Zeitgeschichte/Edition Judenverfolgung 1933-1945, 2015
Ursendung
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Als Podcast verfügbar im Hörspiel Pool

Das auf der Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 explizit formulierte Ziel der Deutschen, die "Endlösung der Judenfrage", beinhaltete auch die Deportation und Ermordung aller Juden in den westeuropäischen Ländern. Mit enormer Energie wurde es in den besetzten Gebieten verfolgt und in erschreckendem Ausmaß reali-siert. Der Anteil der Deportierten und Ermordeten unter den Juden in den jeweiligen Ländern war sehr unterschiedlich. Während in den Niederlanden mehr als 75 Prozent der Juden ums Leben kamen, waren es etwa 50 Prozent in Norwegen, 45 Prozent in Belgien, 34 Prozent in Luxemburg, 25 Prozent in Frankreich. In Dänemark kamen zwei Prozent der Juden ums Leben, vielen gelang von Dänemark aus die Flucht nach Schweden.
Nachdem sich ab Sommer 1942 die Verfolgung der Juden in Form von Aufforderungen zum Arbeitsdienst, Massenverhaftungen und Abtransporten in Durchgangslager vor Ort und in den Osten verschärft hatte, erreichten die Deportationen mit Beginn des Jahres 1943 ihren Höhepunkt. Nun waren es nicht mehr allein staatenlose und ausländische Juden, sondern auch einheimische Juden, die deportiert wurden. Vornehmliches Ziel der deutschen Behörden war es, die Deportationsquoten, die von Adolf Eichmann und dem Auswärtigen Amt in Berlin im Juni 1942 vorgegeben wurden, einzuhalten. Die Ausweitung der Verfolgung auf alle Juden, für die es jetzt ums nackte Überleben ging, verstärkte den Widerstand der einheimischen Bevölkerung und je nach Struktur und Organisation auch innerhalb der Kollaborationsregierungen. Unter dem Eindruck von Massenfestnahmen und der Deportation jüdischer Kinder wechselte etwa die Vichy-Regierung in der unbesetzten französischen Südzone von einer Politik der verhandelnden Kollaboration zu einer reservierten Haltung gegenüber den Deutschen. Diejenigen Juden, die sich vor den Deportationen retten konnten, mussten untertauchen oder versuchten weiterhin die Flucht. Diverse Hilfsorganisationen und die Exilregierungen bemühten sich darum, für die Flüchtlinge Hilfe und Asyl im Ausland sicher zu stellen.

Teil 12 der Höredition dokumentiert die Situation der Juden in Nord- und Westeuropa vom Sommer 1942 bis zur Befreiung durch die Alliierten. Die Quellen veranschaulichen die behördliche Festlegung von Deportationsquoten, Strategien der Verantwortlichen zu deren Einhaltung und zur Zusammenarbeit mit den einheimischen Regierungen und Exekutivorganen. In den Dokumenten der jüdischen Opfer vermitteln sich physische und psychische Belastungen durch die Angst vor der Abholung, willkürliche Formen der Freistellung und deren Aufhebung, durch den Zwang ins Versteck und die Deportation. Die Quellen berichten von der Situation in den Lagern und in den Deportationszügen, von (tödlichen) Fluchtversuchen aus den Zügen sowie von alltäglichem und organisiertem Widerstand.