Bayern 2

     

radioThema Fassbinders Bayern. Chronik einer schwierigen Beziehung

Fassbinder - Szene aus dem Film | Bild: Rainer Werner Fassbinder Foundation

Donnerstag, 28.05.2015
20:03 bis 21:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Fassbinders Bayern
Chronik einer schwierigen Beziehung
Von Markus Metz und Georg Seeßlen

1969 realisierte Rainer Werner Fassbinder im „antiteater“ ein Stück mit dem programmatischen Titel „Anarchie in Bayern“: eine politische Revue, die erklärte, warum es mit rein äußerlichen politischen Veränderungen nicht getan ist, sondern auch ein innerer moralisch-sexueller Wandel geschehen müsse. „Anarchie in Bayern“ ist so etwas wie die Blaupause vieler kommender Arbeiten des Autors und Regisseurs für Bühne und Film. Bayern, erkennt Fassbinder in diesem Stück, ist noch nicht reif für die Anarchie. Aber man muss halt irgendwo anfangen damit. Das Schlimmste, was einer Figur dieses Stücks passieren kann, ist, dass sie aus der beginnenden bayerischen Anarchie in die gewöhnliche Bundesrepublik Deutschland verbannt wird.
Ist das Fassbinders Konstruktion von „Heimat“? Gewiss hat Fassbinder die Hassliebe zu dieser Heimat weniger zum Zentrum seiner Arbeit gemacht als andere seiner Generation, Herbert Achternbusch etwa oder Franz Xaver Kroetz. Aber das Bayerische ist immer wieder präsent: München ist der einzig mögliche Hintergrund für seine frühen Filme; auch ein späteres Werk wie „Händler der vier Jahreszeiten“ schöpft aus dem genauen Lokalkolorit der bayerischen Landeshauptstadt. Fassbinder entwickelte auf der Bühne und im Film ein sehr spezielles „Kunstbayerisch“ als eine Sprache der emotionalen Verkrüppelung. Und er griff immer wieder Stoffe bayerischer Autoren auf, von Oskar Maria Graf über Marieluise Fleißer bis Franz Xaver Kroetz.
Und Bayern? Auch Bayern hat gezögert, Rainer Werner Fassbinder als einen Sohn des Landes anzuerkennen. Man tat sich nicht nur mit dem „enfant terrible“-Status schwer, sondern auch mit seinem Bayerischsein-oder der bewussten Verweigerung dessen-. Fassbinder und Bayern, das war eine schwierige Beziehung und ist es vielleicht zu einem Teil immer noch. Anlässlich seines 70. Geburtstags untersucht die Sendung  diese schwierige und doch sehr fruchtbare Beziehung, von den Anfängen in der Münchner Theaterszene bis zum konfliktreichen Umgang mit seinem Erbe.