Bayern 2

radioTexte - Das offene Buch Salman Rushdie: "Golden House"

Salman Rushdie | Bild: picture-alliance/dpa

Sonntag, 03.12.2017
11:00 bis 11:30 Uhr

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BAYERN 2

Terror in Bombay, ein "Joker" in New York und ein Nero mit Lady Macbeth im "Golden House". Salman Rushdies neuer Roman ist ein grandioses Feuerwerk von Homer bis Trump

Nach der Sendung als kostenloser Podcast verfügbar.

"Am Tag der Amtseinführung des neuen Präsidenten, … als wir Angst hatten, er könnte ermordet werden, als viele von uns wegen der geplatzten Hypothekenblase kurz vor dem wirtschaftlichen Ruin standen,und als Isis noch eine ägyptische Göttin war, traf ein ungekrönter, etwa siebzigjähriger König mit seinen drei mutterlosen Söhnen aus einem fernen Land in New York City ein, um seinen Palast im Exil zu beziehen …"

René, der Erzähler, der Filme machen möchte, ist wohlbehütet in Manhatten aufgewachsen. Den Stoff für sein erstes Projekt findet er gleich gegenüber, bei der rätselhaften, reichen Familie Golden, mit der er bald mehr verstrickt ist als ihm gut tut. Nomen est omen bei Nero Golden, dem Patriarchen, der den Duft despotischer Gefahr mit sich trägt; der drei krisengebeutelte Söhne und später eine russische Lady Macbeth zur Seite hat, und dem das Feuer gleich mehrfach zum Verhängnis wird. Eine mysteriöse Migrantenfamilie, die sich in New York neu erfindet und aus einem Land kommt, das sich als Indien erweist.

Bombay Boy in Gotham City

Sir Salman Rushdie sieht sich selbst noch immer als Junge aus Bombay, der an Indien klebt. Kein Buch ohne Indien-Bezug. Auch „Golden House“, dieser New York- Roman birgt mit der Familie Golden indische Figuren und dramatische Szenen wie den Terror in Bombay 2008, als auch das legendäre Taj Hotel brannte. Entlarvend der Malabar Hill mit den Schönen und Reichen, die Versuche, Indien mit Waffen aus Pakistan zu destabilisieren, die mafiösen Verstrickungen eines indischen Don Corleone. Alles ziemlich real, aber - ganz Rushdie - mit einer Fülle mythischer, literarischer, cineastischer Bezüge, allen voran der „Joker“ aus dem Cartoon „Gotham City“: grüne Haare, bleiches Gesicht, blutrote Lippen. Ein Schelm, wer an den jetzigen Präsidenten der USA denkt.

New-York-Roman

Grandios, wie realistisch und märchenhaft, wie kühn und poetisch, aktuell und zeitlos Salman Rushdie in diesem funkelnden geistreichen New York-Roman menschliches Verhalten beschreibt und Fragen von Identität und Moral verhandelt: Kann ein Mensch gleichzeitig gut und böse sein? Was ist Schicksal, was freier Wille? Und was heißt Verrat?

Lesung mit Gert Heidenreich. Zu Gast auf dem Literaturfest München: Sir Salman Rushdie. Moderation: Cornelia Zetzsche

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