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Kommentar Donald Trump und das große Schweigen der Republikaner

Donald Trump polemisiert - so sehr, dass es auch vielen Republikanern zu viel wird. Noch schweigen die Spitzenpolitiker der Partei, zähneknirschend. Was würde sich ändern, wenn sie den Mund aufmachen, fragt sich Rolf Büllmann. Ein radioWelt-Kommentar.

Von: Rolf Büllmann, ARD-Studio Washington

Stand: 12.08.2016

Donald Trump | Bild: picture-alliance/dpa

Die Frage ist: wann ist es genug? Oder genauer gesagt: wann ist es zuviel? Wann muss man als republikanischer Politiker sagen: "Das war's. Ich kann Donald Trump nicht mehr unterstützen."?

Die Messlatte dafür liegt offenbar hoch, sehr hoch - denn von den Granden der republikanischen Partei gibt es zwar immer wieder Kritik an Trump, aber kein offenes Abrücken.

Egal ob John McCain, selber Präsidentschaftskandidat vor acht Jahren, oder MitchMcConnel, der Mehrheitsführer im Senat, oder Paul Ryan, der Sprecher des Abgeordnetenhauses - keiner von ihnen sagt öffentlich: wählt Trump nicht!

Was folgt dem Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt?

Dabei wäre doch Paul Ryan zum Beispiel geradezu prädestieniert dafür: er gilt als integer, als ausgesprochener Politprofi und als Zukunft seiner Partei.

Paul Ryan

Also stellen wir uns so eine Rede doch mal vor: Paul Ryan würde eine vorbereitete Rede halten, keine Pressekonferenz geben. Er würde die letzte Engleisung von Donald Trump - was auch immer es sein mag - darstellen als den Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Seine Parteidisziplin habe ihn bislang davon abgehalten, sich vom Kandidaten der Republikaner loszusagen - doch es sei ja gleichzeitig kein Geheimnis gewesen, dass er Trump nicht für einen guten Kandiaten hält, könnte Ryan sagen. Jetzt aber zwinge ihn seine Parteidisziplin dazu, nicht mehr zu schweigen, sondern endgültig mit Trump zu brechen, und zwar um die Partei zu retten. Hillary Clinton sei das kleinere Übel bei dieser Wahl - sie liege zwar in so ziemlich jeder Politikfrage falsch, aber sie sei zumindest berechenbar und keine akute Gefahr für die Vereinigten Staaten, wie es der unberechenbare Trump wäre. Clinton müsse nächste Präsidentin werden, um Trump zu verhindern.

Gleichzeitig müsse aber unbedingt die republikanische Mehrheit im beiden Kammern des Kongresses gesichert werden, um eine Präsidentin Clinton einzubremsen. Deshalb - so könnte Paul Ryan fortfahren - werde er von nun an mit aller Kraft Wahlkampf machen für alle Senats- und Abgeordnetenhauskandidaten der republikanischen Partei und gleichzeitig davor warnen, für Trump zu stimmen.

Sollte Trump die Wahl wie erhofft verlieren, werde er an vorderster Front kämpfen, um ein Gegengewicht zu Präsidentin Clinton zu bilden. Sollte Trump wider Erwarten gewinnen, werde er - Ryan - sofort seinen Posten als Sprecher des Abgeordnetenhauses niederlegen und nur noch einfacher Abgeordneter sein. Die Entscheidung, gegen den Kandidaten der eigenen Partei zu kämpfen, sei die schwerste gewesen, die er je in seinem politischen Leben habe fällen müssen, könnte Ryan sagen, aber sein Gewissen lasse ihm keine andere Wahl. God bless you and God bless the United States of America.

Ein Abrücken von Trump hilft der Partei auch nicht mehr

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So ungefähr könnte sich das anhören. Und dann? Nichts und dann. Nichts würde sich ändern. Diejenigen, die Trump bis heute folgen, würden auch danach nicht von ihm abrücken. Im Gegenteil: Die fiktive Ryan-Rede wäre für sie nur ein Beweis dafür, dass das korrupte Washington ihren Kandidaten mit allen Mitteln verhindern will, gerade weil er nicht zum System gehört.

Trump würde noch bevor Ryans Rede vorbei wäre die ersten Tweets absetzen, in denen er Ryan persönlich beleidigen würde, aber vor allem seine Anhänger aufrufen würde, sich hinter ihm zu sammeln, und zwar jetzt erst recht.

Und genau dazu würde es tatsächlich kommen. Paul Ryan könnte sich vielleicht beim Rasieren wieder in die Augen schauen, aber weder hätte er Trump groß geschadet, noch seiner Partei geholfen - im Gegenteil: ein solcher Bruch in der Partei wäre wahrscheinlich auf Jahre hin nicht zu reparieren. Nein, Paul Ryan und das andere Führungspersonal der Republikaner muss die Realität akzeptieren: Donald Trump hat die Vorwahlen gewonnen. Ihn zu diskreditieren heißt das System und damit die Partei als Ganzes zu diskreditieren. Niemand kann erwarten, dass Ryan, McConnell oder McCain Wahlkampf für Trump machen, es sollte aber auch niemand erwarten, dass sie ihrer eigenen Partei einen Stoß versetzen, der durchaus der Todesstoß sein könnte.

Was die Republikaner hoffen können

Nein, die stolze, große republikanische Partei kann nur darauf hoffen, dass ihr Kandidat Donald Trump eine krachende Niederlage erleidet, und dass der Kongress trotzdem hoffentlich in republikanischer Hand bleibt. Und am 9. November, am Tag nach der Wahl, kann die Partei dann damit anfangen, sich wieder aufzubauen und an ihren alten Idealen auszurichten - ganz ohne Donald Trump.


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