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Kommentar Gabriel, der künftige Kanzlerkandidat

Sigmar Gabriel hat geliefert und die Abstimmung pro CETA überstanden - einer Kanzlerkandidatur steht jetzt nichts mehr im Weg, auch wenn der Parteivorsitzende das derzeit noch verneint, meint Daniel Pokraka.

Stand: 20.09.2016

Sigmar Gabriel beim SPD-Konvent 2016 zu CETA | Bild: picture-alliance/dpa

Olaf Scholz, Martin Schulz und Andrea Nahles werden gleich mehrere Steine vom Herz gefallen sein. Denn ihnen bleibt bis auf weiteres die Frage erspart, ob sie Kanzler werden wollen, 2021, schon im nächsten Jahr oder überhaupt. Der nächste Kanzlerkandidat der SPD kann nur Sigmar Gabriel heißen.

Gabriel hat geliefert

Da kann der SPD-Chef noch so oft sagen, die CETA-Abstimmung und die Kanzlerkandidatur hätten nichts miteinander zu tun – natürlich haben sie das. Hätte die SPD-Basis Nein gesagt – Gabriel wäre weg vom Fenster gewesen, und irgendwer, der gar nicht unbedingt will, hätte Parteichef werden müssen. Und Kanzlerkandidat. Aber: Gabriel hat geliefert.

Die Pflicht – also die Bestätigung der beiden Regierungschefs in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin. Und: Die Kür – gestern in Wolfsburg. Mag Gabriel auch manchmal aufbrausend sein, unberechenbar und unzuverlässig – er ist auch ein starker Redner und ein gewiefter Taktiker. Er hat die Gelegenheit genutzt, sich von TTIP zu lösen, um sich umso deutlicher hinter CETA zu stellen, er hat den kanadischen Sonnyboy Justin Trudeau umarmt und den Deutschen Gewerkschaftsbund auf seine Seite gezogen – jedenfalls dessen Chef. Und als Clou hat er pünktlich am Tag des Konvents auch noch den SPD-Linken Matthias Miersch zur Zustimmung bewegt – der kürzlich noch verkündet hatte, als SPD-Parlamentarier könne man CETA so nicht zustimmen.

Gegen CETA zu sein - damit steht Deutschland relativ allein

Keine Frage: Gabriel hat gespielt – und gewonnen. Wie vor knapp drei Jahren, als er die SPD-Basis über den Koalitionsvertrag mit der Union abstimmen ließ. Damals wie heute ging der Plan auf, weil die Lust am Dagegen-sein in der SPD letztlich doch kleiner war als die Verantwortung vor der großen Sache und die Angst vor dem politischen Abseits. So sehr es vor drei Jahren unvorstellbar war, dass die SPD die Gestaltungsmacht in der Regierung ablehnt, so war es jetzt vielen Genossen zu heiß, sich gegen fast alle EU-Staaten zu stellen. Es wird ja vor lauter Berichten über Anti-CETA-Demos in Berlin, Frankfurt und München gern vergessen, dass die Deutschen ihre CETA-Phobie einigermaßen exklusiv haben. Trotzdem hätte der Konvent auch anders ausgehen können.

Dass Sigmar Gabriel sagt, er habe nie an der Zustimmung seiner Partei zu CETA gezweifelt, erscheint, höflich gesagt, ein bisschen unglaubwürdig. Völlig albern ist dagegen Gabriels Behauptung, die CETA-Entscheidung sei eine völlig andere Baustelle als die SPD-Kanzlerkandidatur. Einiges spricht dafür, die Sache noch nicht offiziell zu machen – aber intern sollte die Sache mit dem CETA-Beschluss von gestern entschieden sein. 2013 hat der Parteichef einen anderen antreten lassen – nochmal geht das nicht.


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