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Einschätzung Boris Johnson, ein Außenseiter als Außenminster

Boris Johnson zum Außenminister zu machen – auf diese Idee muss man erst einmal kommen. Undiplomatischer als Johnson kann ein Politiker kaum sein, meint unser Korrespondent in London.

Von: Jens-Peter Marquardt

Stand: 14.07.2016

Boris Johnsion | Bild: picture-alliance/dpa

Hillary Clinton, Obama, Erdogan, die Israelis und die Palästinenser, die Chinesen, die Franzosen, die Afrikaner – es gibt kaum einen Politiker oder ein Volk dieser Welt, über das sich dieser Pumuckl, der so gerne Churchill sein möchte, in den vergangenen Jahren nicht lustig gemacht hat. Deshalb tourte er früher auch durch die Witz-Shows des britischen Fernsehens – mit Boris im Studio stiegen die Einschaltquoten.

Ein Komiker als Chefdiplomat

Nicht unbedingt die beste Vorbereitung für den Top Job im Foreign Office. Und vor allem nicht in diesen für das Land schwierigen Zeiten. Die britische Politik ist jetzt extrem gefordert, nicht nur durch den Austrittsprozess aus der EU. Irak, Syrien, IS, der Iran, Osteuropa: Großbritannien ist nicht irgendein Kleinstaat, das Land war bisher ein wichtiger Mitspieler auf der Weltbühne, eine Atommacht und ein verlässlicher Partner. Und jetzt? Mit dem Großmaul und Komiker Boris Johnson an der Spitze der britischen Diplomatie?

Im Bund mit Assad und Putin

Außenpolitisch war Johnson zuletzt dadurch aufgefallen, dass er den syrischen Präsidenten Assad zum wichtigen Verbündeten erklärt und dem russischen Präsidenten Putin für den Einsatz in Syrien gedankt hat – das entspricht nicht unbedingt der Nato-Strategie, Und dabei ist Großbritannien der zweitwichtigste Partner im transatlantischen Bündnis.

Aber: Der Liebling der Koservativen

Was also hat sich Theresa May dabei gedacht, ausgerechnet Johnson, diesen Undiplomaten, zum Außenminister zu machen? Innenpolitische Gründe haben sie dazu gebracht. Sie wird sich gedacht haben, besser ein möglicher Konkurrent und Rivale, der am Kabinettstisch sitzt, als einer, der maulend und unzufrieden durchs Regierungsviertel zieht. Und: Johnson ist der Liebling der konservativen Partei – seine Berufung auf einen wichtigen Kabinettsposten bringt May Punkte bei der Parteibasis. Johnsons Berufung soll die überwiegend EU-feindliche Tory-Basis beruhigen, die damit leben muss, dass  mit Theresa May jetzt eine Politikerin die Geschäfte in der Downing Street führt, die vor dem Referendum für den Verbleib des Landes in der Europäischen Union war.

Wächst er mit dem Amt?

Leider ist Boris Johnson zu alt, um ihn jetzt noch auf die Diplomatenschule zu schicken. Aber immerhin: er ist intelligent, er ist weltgewandt und immer für eine Überraschung gut. Vielleicht wächst er ja mit seinen Aufgaben und wird endlich erwachsen.


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