Bayern 2 - Nahaufnahme


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Die letzte Kuh Sterben der Viehwirtschaft in Mindelaltheim

Urkunden dokumentieren bis zurück ins Jahr 1147, dass in Mindelaltheim im Landkreis Günzburg Viehwirtschaft betrieben wurde. Insgesamt dürfte die Epoche mindestens 1200 Jahre gedauert haben. Die endete 2013, denn der Milchbauer Johann Bestler ließ die letzten Milchkühe zum Schlachthof bringen. Von ehemals 40 Milchviehhaltern, die das Dorfleben geprägt hatten, war er der letzte.

Von: Georg Bayerle

Stand: 22.06.2016

Die verwaiste Dorfstraße von Mindelaltheim | Bild: BR / Georg Bayerle

Auf dem Anwesen hatte die Familie Bestler seit 200 Jahren Vieh gehalten. Innerhalb von 18 Monaten hätte ein neuer Stall gebaut werden müssen mit Investitionen von 300.000 Euro, die der kleine Betrieb nie erwirtschaften hätte können.

Familie Bestler musste die Viehwirtschaft aufgeben

Sohn und Töchter hatten sich deswegen beruflich auch schon neu orientiert. Sie und die Enkelkinder waren mit dabei, als der Lastwagen des Viehhändlers am Hof eintraf. Und der Viehhändler aus dem benachbarten Offingen zeigte sich selbst sichtlich betroffen davon, dass nun auch der letzte Bauer die Kühe zur Schlachtbank schicken musste. Über Jahrzehnte hat er das Sterben der Viehwirtschaft in Mindelaltheim hautnah miterlebt. Der Ort hat sich radikal verändert, sagt Richard Scheler:

"Ich hab's ganze Dorf leergeräumt. Alles fällt weg, auch viele Gemeindeaktivitäten, zwischenmenschliche Beziehungen, das ändert sich rapide, immer schneller."

Richard Scheler, Viehhändler

Sind Dorfstraßen bald nur noch Kulisse?

Von der landwirtschaftlich geprägten Gemeinde mit allen für die Bauern wichtigen Handwerksberufen, mit Bäcker, Post, Bank und Schule wurde Mindelaltheim zu einem vom ländlichen Alltagsleben verlassenen Dorf. Die langgestreckten Ökonomiegebäude sind nur noch Kulissen. Viele stehen leer, manche wurden für neue Nutzungen renoviert; aber sichtbar ist vor allem eines: eine ganze Epoche der Dorfgeschichte ist zu Ende gegangen. Und die Frage stellt sich: was ist die Zukunft des Dorfs und welchen Sinne hat es dann noch, wenn sein eigentliches Leben ausgestorben ist?

Anmerkung der Red.: Die Aufnahmen für diese Reportage entstanden im Sommer 2013. Die für das Höfesterben maßgeblichen Rahmenbedingungen haben sich jedoch nicht geändert, allenfalls verschärft.


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