Bayern 2 - Nachtmix


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The First Family of Folk Die Wainwright/McGarrigle-Connection

Rufus Wainwright ist ein Star, der wohl bekannteste Musiker aus einer Familie, die Popgeschichte geschrieben hat und die in diesem Nachtmix-Playback einmal ausführlich vorgestellt werden soll: Die Wainwrights und die McGarrigles.

Von: Roderich Fabian

Stand: 26.02.2010 | Archiv

Rufus Wainwright | Bild: picture-alliance/dpa

Am 18. Januar dieses Jahres starb Kate McGarrigle, die Mutter von Rufus Wainwright im Kreise ihrer Familie an Krebs. Rufus Vater, Loudon Wainwright der Dritte, lebt noch und ist aktiv wie immer. Mit ihm beginnt die Geschichte der "First Family of Folk", wie ich sie mal trotz der Guthries oder der Carter Family nennen will. Loudon Wainwright, geboren 1946, wurde bei einem Besuch des Newport Folk Festivals zum Selbermachen inspiriert und hatte seinen bis heute größten Hit 1973 mit einem Lied über ein überfahrenes Stinktier: "Dead Skunk" - ein sog. Novelty-Song, den man auch als Attacke auf den damaligen US-Präsidenten Richard Nixon lesen darf - Loudon Wainwright hat sich nie darüber beklagt, dass diese Schunkel-Nummer sein bekanntestes Lied geblieben ist, denn Humor hat der Mann seit Jahrzehnten immer mit im Gepäck, aber auch schonungslose Offenheit über seine Gefühle.

Loudon Wainwright der Dritte - auch Vater und Großvater hatten diesen ungewöhnlichen Vornamen - lernte Kate McGarrigle Anfang der 70er in der Folkszene New Yorks kennen. Die beiden heirateten 1971. Mit ihrer Schwester Anna bildete Kate McGarrigle schon seit den 60ern ein Duett. Die Kanadierinnen hatten aber bis Mitte der 70er Jahre noch keinen Plattenvertrag.

Linda Ronstadt

Das sollte sich ändern, als die damals schon berühmte Country-Rock-Sängerin Linda Ronstadt nicht nur einen Song der McGarrigles aufnahm, sondern ein ganzes Album danach benannte: "Heart like a Wheel", 1974. Das machte Warner Brothers auf die Schwestern Kate and Anna McGarrigle aufmerksam und sie bekamen einen Deal. 1976 erschien ihr erstes Album und war ein Volltreffer, auf beiden Seiten des Atlantiks. Der britische Melody Maker sollte das unbetitelte Werk zum besten Album des Jahres ausrufen. Ein gutgelaunter Track, geschrieben von Loudon Wainwright ist auch mit drauf, der "Swimming Song".

Rufus Wainwright

Kate und Loudon Wainwright hatten zwei Kinder: Rufus, geboren 1973 und Martha, 1976. Die Ehe der Folksänger aber hielt nicht lange. Schon in Marthas Geburtsjahr folgte die Scheidung. Kate McGarrigle hat auf ihrem zweiten Album "Dancer with bruised Knees" ihrem Sohn ein kleines Denkmal gesetzt, den Song "First Born".

Die McGarrigle-Schwestern produzierten bis in die frühen 80er hinein fünf LPs - immer zwischen melancholischem Folk und heiterem Pop liegend. Auch ihre Wurzeln im zweisprachigen Kanada wurden nicht vergessen. So erschien 1980 das Album "Entre la Jeunesse et la Sagesse" - zwischen Jugend und Weisheit - mit ausschließlich französisch gesungenen Titeln.

1983 folgte eine siebenjährige Sendepause, denn wenn es ein Jahrzehnt gab, das schlecht für Folk Music war, dann waren das die Achtziger.

Rufus Wainwright

Deswegen gleich in die Neunziger Jahre und zum ersten Album der zweiten Generation: Das war das Debüt-Album von Rufus Wainwright, also dem "First Born" von Kate und Loudon - der macht nicht unbedingt Folk, sondern ausladenden, von der Queer Culture geprägten Breitwand-Pop. Rufus Wainwright bekam 1998 zwar beste Kritiken für sein Debut, aber erst im neuen Jahrtausend kam er wirklich groß heraus, so groß, dass er seine Eltern damit in den Schatten stellte. Drei Alben sind dafür verantwortlich, das schon erwähnte "Poses", sowie "Want One" und "Want Two" - allerdings machte Rufus Wainwright auch harte Zeiten durch, als drogenabhängiger Dauermieter im New Yorker Chelsea Hotel.

Ab 2005 war er auf dem Weg der Besserung. Im gleichen Jahr erschien auch das Debüt seiner Schwester Martha, auch hier half man sich gegenseitig aus. Martha wollte ursprünglich Schauspielerin werden und hatte das - zuhause in Montreal - auch studiert Aber mit 29 folgte sie ihrem Bruder nach New York.

Nach einer EP, auf der übrigens der Vater im Text wüst beschimpft wurde, kam das erste Album überraschend sanft daher. Martha Wainwright hat seitdem zwei weitere Alben veröffentlicht - 2010 einen leicht missglückten Live-Mitschnitt mit Songs von Edith Piaf - wie ihre Mutter spricht sie natürlich perfekt Französisch, 2008 aber das sehr gelungene "I Know you're married but I've got Feelings, too", das sich tatsächlich mit der Rolle einer Geliebten auseinandersetzt. Hier finden sich aber auch zwei Coverversionen: der Eurythmics-Heuler "Love is a Stranger" und die frühe Pink-Floyd-Nummer "See Emily Play".

Martha Wainwright ist übrigens nicht die einzige Tochter von Loudon Wainwright III. Nach der Scheidung kam er mit Suzzy Roche, einem Drittel des amerikanischen Frauen-Foll-Trios "The Roches" vorübergehend zusammen. 1981 wurde deren Tochter Lucy Wainwright Roche geboren, die oft mit ihren Halbgeschwistern Rufus und Martha aufgetreten ist, inzwischen aber auch eigene Platten aufnimmt.

Der Vollständigkeit halber sei hier auch Loudons jüngere Schwester Sloan Wainwright vorgestellt, die seit den mittleren 90ern Platten aufnimmt. Sloans Besonderheit ist ihre voluminöse Stimme und die Neigung, Songs aus anderen Genres in den Folk-Kontext zu überführen - die unbekannteste, wenn auch nicht unbegabteste aus dem Wainwright-Klan.

Weil Loudon Kate McGarrigle schon im Geburtsjahr von Tochter Martha verlassen hatte, gab es nicht immer völlige Harmonie zwischen Vater und Kindern. Aber neben diversen Brüchen, die auch in Songs dokumentiert sind, gab es auch immer wieder Annäherungen: Auf dem Loudon-Wainwright-Album "Grown Man" findet sich ein Vater-Tochter-Dialog, in dem Loudon nach diversen Vorwürfen Marthas klar macht, dass man ihn und den Mann in seinen Songs nicht verwechseln darf.

Emmylou Harris und Linda Ronstadt

Nun ist am 18. Januar 2010 mit Kate McGarrigle also die Mutter der First Family of Folk gestorben, aber man darf darauf hoffen, dass sie mit dem Werdegang ihrer Kinder zufrieden gewesen ist. 1998 nahmen die Kate und Anna McGarrigle ein Album namens "The McGarrigle Hour" auf, bei dem nicht nur die Kinder Martha und Rufus dabei waren, sondern auch Emmylou Harris und Linda Ronstadt, die ja einst die Karriere der Schwestern angeschoben hatte. Und auch Loudon Wainwright, der abtrünnige Vater ist mit dabei, auf dem Gruppenfoto im Booklet steht er allerdings einwenig im Abseits. Aber immerhin: Zwei seiner Songs hat er mit der ganze Ex-Familie aufgenommen.


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