Bayern 2 - Notizbuch


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Klaus Wolfermann "Der Olympiasieg 1972 hat mein Leben verändert"

Klaus Wolfermann hat bei den Olympischen Spielen in München 1972 Gold im Speerwurf gewonnen. Und das äußerst knapp. Bei einem Besuch im Olympia-Park erinnert er sich an den wohl wichtigsten Moment seines Lebens.

Von: Maximilian Osenstätter

Stand: 11.08.2016

Klaus Wolfermann, Olympiasieger im Speerwurf bei den Spielen 1972 in München, im Olympia-Park mit seiner Medaille in der Hand | Bild: BR, Maximilian Oserstätten

Wie fühlen Sie sich, wenn Sie hier im Olympia-Park sind?

Das ist natürlich immer ein wohliges Gefühl. Dort, wo man ein Erlebnis hatte, das das ganze Leben geprägt hat, da geht man wahnsinnig gerne hin. Ich bin sehr oft hier, entweder privat, mit Besuchergruppen oder Schulklassen, die wissen wollen, wie es damals war.

Was ist Ihr olympischer Moment, an den Sie sich von 1972 am stärksten erinnern?

Was nach meinem Sieg auf mich hereingebrochen ist, das kann man kaum fassen. Das ist wie ein Traum, wie in Trance. Ich habe bei der Siegerehrung noch gar nicht richtig gewusst, was passiert. Was ich immer noch sehr gut im Kopf habe: Nach der Nationalhymne bei der Siegerehrung, da haben die Zuschauer im Stadion, immerhin 80.000, meinen Namen gerufen. Unglaublich! Das hat mein Leben verändert!

Wie lief Ihr Wettkampf ab?

Klaus Wolfermann beim entschidenden Gold-Wurf in München 1972

Ich hatte meinen entscheidenden Wurf, der Speer ist abgegangen und ich habe schon geschrien, als er in der Luft war. Ich habe gefühlt, er wird weit sein und tatsächlich: 90,48 Meter, olympischer Rekord! Aber mein größter Konkurrent Janis Lusis, der für die Sowjetunion startete, hat noch einen Versuch gehabt. Bei den Spielen vier Jahre vorher hatte er auch im letzten Versuch gewonnen. Er wirft, trifft den Speer unheimlich gut und der Wurf ging auch über 90 Meter. Da war ich natürlich extrem angespannt. Beim Blick auf die Anzeigetafel habe ich fast einen Freudensprung gemacht: Zwei Zentimeter war ich weiter, das muss man sich mal vorstellen! Bei so einer Distanz ist das quasi nichts. Ich bin dann zu Janis und meinte: „Entschuldige bitte, dass ich gewonnen habe!“ Da sagte er: „Macht nichts, ich habe ja in Mexiko gewonnen.“ Wir sind heute noch gut befreundet!

Wie war denn damals die Stimmung zwischen den Sportlern?

Wir sind hier in München im olympischen Dorf oft zusammen essen gewesen, haben uns anschließend in der Disco getroffen. Das war das Schöne und das ist auch die Erinnerung, wie sich die Spiele eingeprägt haben. Da hat man eine echt olympische Gemeinschaft erlebt, nicht nur unter den Sportlern. Die ganzen Besucher waren im Olympia-Park auf den Grünflächen gesessen, haben sich kennengelernt und untereinander die Anstecknadeln ihrer Nationen ausgetauscht. Das verstehe ich unter Wertigkeit von Olympischen Spielen.

Heute bekommt ein Goldmedaillen-Gewinner von der Deutschen Sporthilfe eine Prämie von 20.000 Euro. Sie haben damals nichts bekommen. Blickt man da nicht etwas neidisch auf die Athleten?

Man darf nicht neidisch sein. Ich finde es gut, wenn Sportler unterstützt werden, damit sie gut trainieren können. Sicher ist es schön, wenn man einen Haufen Geld bekommt, die Sportler heute haben natürlich auch ein anderes Format. Aber ich glaube, wir waren damals glücklicher und das kann uns keiner nehmen.


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