Bayern 2 - Notizbuch


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Grundeinkommen Utopisch oder längst machbar?

Ein gesichertes Einkommen ohne Gegenleistung - so ist die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens. Die Leuten würden trotzdem arbeiten, sagen die Verfechter. Aber wer soll dann den Müll entsorgen oder andere unliebsame Arbeiten verichten, kontern die Zweifler. Befürworter Götz Werner erklärt die Grundidee.

Stand: 04.09.2015 | Archiv

dm-Gründer Götz Werner | Bild: picture-alliance/dpa

In den 70er-Jahren gründete der gelernte Drogist seinen ersten dm-Drogeriemarkt. Heute ist er Träger des Bundesverdienstkreuzes. Selbst bezeichnet er sich am liebsten als Zahnpastaverkäufer. Er ist eben ein Querdenker - Götz Werner. Noch heute ist er selbst in seinen Filialen unterwegs – und das obwohl er sich aus dem operativen Geschäft längst zurückgezogen hat. Und er vertritt die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens – so vehement, dass er bereits den Spitznamen "Mr. GE" verliehen bekommen hat.

"Die Visionen von heute sind die Realität von morgen."

Götz Werner

Er ist sich sicher: In Deutschland wird heute schon so viel erwirtschaftet, dass alle überleben können. Außerdem würden heute schon alle Menschen mit Geld versorgt – entweder durch Einkommen, durch Vermögen oder durch Transferzahlungen. Das Geld ist laut Götz Werner also nicht das Problem.

"Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe."

Götz Werner

Die Visionen des Mr. GE

1.000 bis 1.500 Euro sollte seiner Meinung nach jeder Deutsche monatlich zur Verfügung haben – egal ob Baby oder Greis. Doch würde da überhaupt noch jemand arbeiten gehen? Selbstverständlich, sagt Götz Werner. Jeder Mensch will grundsätzlich arbeiten, ist er sich sicher. Finanzierbar sei das durch die Anhebung der Mehrwert- beziehungsweise Verbrauchersteuer auf bis zu 50 Prozent. Dafür sollen alle anderen Steuern komplett abgeschafft werden. Die Konsumgüter würden dadurch aber nicht wesentlich teurer, denn längst hätten die Betriebe ihre Gesamtausgaben – also auch ihre Steuerlast – auf die Produkte umgelegt. Das fiele dann weg.

Überproduktion in unserer Gesellschaft

Versorgung

Nie zuvor in der Geschichte waren die Menschen in unserem Land so gut mit Gütern und Dienstleistungen versorgt wie heute.

Überproduktion

Die Märkte sind gesättigt, es herrscht sogar eine Überproduktion – und zudem braucht es immer weniger Menschen, um dieses Übermaß an Gütern zu produzieren.

Lebensmittel

In deutschen Privathaushalten landen jährlich rund 6,7 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll. Das sind 82 Kilo pro Person im Jahr.

Altkleider

750.000 Tonnen Altkleider landen jährlich in Sammelcontainern - viel mehr als karitative Organisationen verwerten können.

Wohnungsüberschuss

Trotz der Wohnungsnot in manchen Ballungsräumen stehen in Deutschland circa eine Millionen  Wohnungen leer. Prognose: Auf dem Land und in verwahrlosten Städten werden bis 2030 rund 20 Prozent der Wohnungen leerstehen.

Für viele nur Utopie

Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens oder Varianten davon finden sich in Parteien aller Couleur. Mindestens genauso breit gefächert ist allerdings die Palette der Gegner. Sie überzeugen die Modelle der Finanzierbarkeit nicht.

Es geht aber auch um andere Punkte: So wird beispielsweise auch argumentiert, dass mit einem Grundeinkommen die wirklich Bedürftigen auf sich alleine gestellt wären, ohne jede zusätzliche finanzielle Unterstützung. Denn Sozialleistungen, wie wir sie derzeit kennen, würden durch das Grundeinkommen ausgehebelt.

Ein paar Zahlen und Fakten ...

Erwerbstätige

Ende 2014 gab es 42,6 Millionen Erwerbstätige in Deutschland

Nicht erwerbstätig

Rund 40 Millionen Einwohner leben nicht von Erwerbsarbeit – sie beziehen ihr Einkommen aus Transferleistungen, wie etwa Zinsen, Dividenden, Mietzahlungen und/oder Sozialleistungen

Höhe des Grundeinkommens

Zwischen 400 Euro und 1.500 Euro monatliches bedingungsloses Grundeinkommen fordern die verschiedenen Befürworter pro Monat und Person.

Bayern

Neun Initiativen zum bedingungslosen Grundeinkommen gibt es derzeit in Bayern

Deutschland

109 Initiativen mit 3.650 Mitgliedern zum bedingungslosen Grundeinkommen gibt es in Deutschland

Weltweit

Auch weltweit sind die Fürsprecher vernetzt: Das Basic Income Earth Network (BIEN) ist ein Zusammenschluss aus etwa 20 verschiedenen Ländern


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