Bayern 2 - Zeit für Bayern


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Zeitzeiger Bayerische Uhrengeschichten

Ob Taschenuhren, tragbare Sonnenuhren oder Turmuhren – Bayern hat einige Schätze der Uhrengeschichte vorzuweisen. Zwischen Nürnberg und München lässt sich eine Uhrentradition voll von Erfindungsreichtum und Leidenschaft entdecken.

Von: Ilona Hörath und Christian Schiele

Stand: 25.03.2016 | Archiv

Bayern, ein Land der Uhren? "Ordentliche" Uhren, die kommen doch aus der Schweiz, heißt es. Und für viele sind sie der Inbegriff der Uhrmacherkunst schlechthin. Oder sie kommen aus dem Schwarzwald. Kuckucksuhren zum Beispiel, für reiselustige Japaner. Aus Baden-Württemberg sind Namen wie Junghans und Kienzle in Erinnerung. Manch einer denkt vielleicht an Pforzheim, das sich als das Zentrum der deutschen Schmuck- und Uhrmacherindustrie versteht. Und ein anderer verbindet mit dem Namen Glashütte in Sachsen schöne, aber auch hochwertige Uhren.

Bayerische Schätze der Uhrmacherkunst

Doch auch zwischen München und Nürnberg sind Schätze der Uhrmacherkunst zu entdecken – von stattlichen Pendeluhren bis hin zu goldfunkelnden Armbanduhren. Eine Uhrentradition voll von Erfindungsreichtum, Engagement und Leidenschaft für die "Haute Horlogerie", die hohe Kunst der Uhrmacherei.

Die Taschenuhr von Peter Henlein

Taschenuhr von Peter Henlein

Der Nürnberger Peter Henlein zum Beispiel gilt als Urahn aller Uhrmacher. Mit ihm beginnt 1510 die Geschichte der tragbaren Uhr, seine Erfindung wurde als "Nürnberger Ei" bekannt. Seine Taschenuhren gelten heute zumindest als die ältesten noch erhaltenen – wenn auch die Rolle Henleins als deren vermeintlicher Erfinder inzwischen umstritten ist.

Henleins Uhr war am Körper tragbar und verblüffte die Zeitgenossen. Auch in technischer Hinsicht gelang ihm ein Quantensprung. Vergleichbar mit den schrankgroßen elektronischen Rechenmaschinen, die im 20. Jahrhundert auf die Größe eines daumennagelgroßen Chips schrumpften, schaffte es Henlein, die mechanische Uhr zu miniaturisieren. Ganze 40 Stunden soll Henleins Meisterwerk dann gelaufen sein. Eine von ihm eingesetzte Schweinsborste gilt dabei als der Vorläufer der Spiralfeder, der Seele einer Uhr.

Im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg ist heute eine solche Dosenuhr ausgestellt, die Peter Henlein oder dessen Werkstatt zugeschrieben wird. Ganz zweifelsfrei ist deren Herkunft allerdings nicht geklärt.

Nürnberg - eine bedeutende Uhrmacherstadt

Die ehemalige Kaiserstadt Nürnberg war zudem Massenlieferant für tragbare Sonnenuhren. Nürnberg galt zu dieser Zeit als bedeutende Uhrmacherstadt mit erstklassigen Uhrmachern, sagt Karl Gebhardt.

"Das war das Großartige, dass die Nürnberger mit kleinen Eisen arbeiten konnten. Sie machten auch Ritterrüstungen, Eisen wurde sehr vielseitig verwendet. Keine andere Stadt konnte mit Eisen so fein arbeiten wie Nürnberg. Weder in Süddeutschland, noch in Italien, England oder Frankreich."

Karl Gebhardt, Uhrmacher und -sammler

Ein Mann hält bei einer Führung durch Nürnberg eine alte Klappsonnenuhr in Händen.

Das Handwerk blühte in Nürnberg. Zwischen 50 und 100 Familien sollen "Kompastenmacher" gewesen sein, die Kompasse bauen konnten – also Spezialisten für die Herstellung von tragbaren Klappsonnenuhren. Die Klappsonnenuhr war seinerzeit die Uhr des Bürgers. Mechanische Uhren konnten sich nur gehobene Menschen leisten.

Daneben galt Nürnberg als Hochburg für Sanduhren, zu Hunderten Dutzend gingen sie aus der Stadt in alle Welt. Die Sandgrube am Nürnberger Schmausenbuck lieferte das Rohmaterial.

Turmuhren aus Gräfenberg, Präzisionspendeluhren aus Gräfelfing

Eine Präzisionspendeluhr der Firma Sattler

Für Turmuhren wiederum war das Städtchen Gräfenberg nahe Nürnberg berühmt. Und nicht zuletzt blühte auch in der Fuggerstadt Augsburg das Uhrmacherhandwerk. Doch auch das 20. und 21. Jahrhundert birgt so manche tickenden Meisterstücke und hat alte Traditionen wiederbelebt. Auf eine lange Unternehmensgeschichte blickt zum Beispiel die Firma Sattler aus Gräfelfing zurück, die edle Präzisionspendeluhren herstellt.

Uhrenmuseum der besonderen Art

Karl Gebhardt

Nürnberg beherbergt heute ein Uhrenmuseum der besonderen Art: mit der Sammlung Karl Gebhardt darf sich die Stadt einer in Europa einzigartigen Ausstellung rühmen. Ilona Hörath war für die "Zeit für Bayern" unterwegs in bayerischen Uhrmanufakturen, traf Originale der Uhrmacherzunft und erzählt Geschichte und Geschichten rund um die mechanischen Wunderwerke der Zeitmessung.


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