Bayern 2 - Zeit für Bayern


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Hörstück über Theater Schlussapplaus - Bretter, die Bayern bedeuten

Sie unterhalten Zigtausende mit ihren Stücken. Sie haben Tradition und wollen Zukunft, die Theater in Bayern. Neue Konzepte und neue Gebäude oder die Sanierung soll sie bringen. Vor welchen Problemen stehen die staatlichen, kommunalen und freien Theater in Bayern derzeit? Wo drohen Etatkürzungen, Schließungen von Sparten oder ganzen Häusern? Aber war es vor zehn, zwanzig, dreißig Jahren wirklich besser? Joseph Berlinger führt auf eine Theaterreise durch Bayern.

Von: Joseph Berlinger

Stand: 29.05.2016 | Archiv

Theater in Bayern / Symbolbild / Vorhang | Bild: colourbox.com

Nach Sonnenuntergang an der Isar. In einer leerstehenden Baubude sitzen drei Menschen zusammen und blödeln vor sich hin. Vor der Tür haben sie ein Feuer gemacht und braten sich Kartoffeln. In der Nähe lagern ein paar Jugendliche, einer klimpert auf der Gitarre. Die drei am Feuer vereint ihre Theatervergangenheit und ihr regelmäßiges Treffen am letzten Abend des Monats.

Autor Joseph Berlinger

Der eine war mal ein bayerischer Stückeschreiber, der andere ein freier Regisseur, und der dritten, einer Frau, wurde soeben das Engagement im Staatstheater gekündigt. Die drei haben das Theater hinter sich, haben aber ihren Humor darüber nicht verloren.  Eigentlich haben sie sich geschworen, nicht mehr über das Theater zu sprechen. Was aber nicht leicht fällt. Vor allem, wenn im digitalen Kofferradio, das sich die Schauspielerin zum Schnäppchenpreis von 29,90 gerade gekauft hat, eine Reportage läuft über die aktuelle Situation der Theater in Bayern – und deren Zukunft. Diese Fragen lotet Joseph Berlinger in der Zeit für Bayern aus, am Beispiel der Theater in Augsburg, in Landshut, in Würzburg, in Regensburg,  in Erlangen in Nürnberg und in Fürth.

Was bayerische Theater auf die Bühne bringen - haben sie jüngst in Regensburg gezeigt:

Das Markgrafentheater in Erlangen

Eine zur Blackbox umgebaute Garage und das barocke Markgrafentheater sind die beiden Aushängeschilder des Theater Erlangen: zwei Spielstätten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Hier hat Katja Ott das Sagen. Sie verfügt über ein Budget von rund dreieinhalb Millionen Euro, hat ein Kernensemble von acht Akteuren und kann für Produktionen pro Saison zusätzlich noch etwa 20 Gäste als Schauspieler engagieren.

Das Staatstheater in Nürnberg

Das Staatstheater in Nürnberg ist das größte Vierspartenhaus Bayerns. Trotz eines Gesamtetats in Nürnberg von rund 47 Millionen Euro hat der Bühnenchef ein Problem. Die Technik des in die Jahre gekommenen Opernhauses muss saniert werden. Ab 2023, so die aktuellen Schätzungen, soll die Sanierung des Opernhauses beginnen, vorausgesetzt, bis dahin steht ein neuer, noch zu bauender Konzertsaal als Interimsspielstätte zur Verfügung, für ein Staatstheater dieser Größenordnung dann ein unentbehrliches Ausweichquartier. 

Stadttheater Fürth

Auch am Fürther Stadttheater, das einen Ausgabeetat von sieben Millionen Euro hat und  knapp 50 Personen beschäftigt, kennt man die Situation. Intendant Werner Müller verweist zusätzlich auf die chronische personelle Unterbesetzung bei den Bühnentechnikern und erzählt, wo sonst noch der Schuh drückt. Bis heute unentbehrlich in Fürth: Sponsoring, ohne das wichtige Projekte nicht zu stemmen sind. Aber, meint Theaterchef Müller und lächelt, Probleme seien eben dazu da, gelöst zu werden

Stadttheater Augsburg

Was darf Kunst, was darf das Theater eine Stadt kosten? Darüber wird in Augsburg gerade leidenschaftlich diskutiert.

Denn dort gibt es die kuriose Situation, dass dem Stadttheater in seiner bisherigen Form das Aus droht. Aber nicht etwa von Seiten der Politik, die sparen will, sondern eher von Teilen der Bevölkerung, von Menschen, die das Theater offenbar als Luxusartikel für die Oberschicht ansehen, und damit die bereits geplante Sanierung ausbremsen wollen.

Anfangen zu packen, das würden viele Mitarbeiter des Augsburger Stadttheaters lieber heute als morgen: Geht es bei Hannah in Moritz Rinkes Stück "Wir lieben und wissen nichts" lediglich um ein paar Monate in einer neuen Stadt, so steht beim Augsburger Ensemble  ein anderer Umzug an: Das völlig marode Haus am Kennedyplatz muss von Grund auf saniert werden,  im Sommer 2017 soll das gesamte Gebäude geschlossen, alle Sparten des Theaters sollen an Ausweichspielorte, wie etwa die Kongresshalle und das alte Gaswerk, ausgelagert werden.

Viele andere Städte stehen vor ähnlichen Problemen wie Augsburg. Jahrelang wurde nicht in die Theater investiert, nun stecken viele Kommunen in einem riesigen Sanierungsstau. Dabei steht in Augsburg die Finanzierung eigentlich schon, der Freistaat hat 107 Mio Euro an Förderung zu den Kosten von insgesamt knapp 190 Mio Euro zugesagt. Das Theater ist zudem beliebt, die Vorführungen sind mit 85 Prozent im Schnitt sehr gut ausgelastet, viele Vorstellungen sogar regelmäßig ausverkauft, vor allem die Orchesterdarbietungen.

Der neue Augsburger Intendant Andre Bücker hält das Konzept Stadttheater an sich nach wie vor für unverzichtbar:

Andre Bücker, Intendant am Stadttheater Augsburg

"Bin großer Fan des Modells Stadttheaters, das ist etwas Einzigartiges auf der Welt, mit seinem Kunstanspruch, seiner kulturellen Ausstrahlung, ein Ort, der für alle offen steht."

Intendant Andre Bücker

Stadttheater Landshut

Theaterzelt in Landshut

Landshut ist eine Theaterstadt. Seit 1475,als Herzog Georg der Reiche von Wittelsbach-Bayern-Landshut mit der polnischen Königstochter Jadwiga - Hedwig von Krakau verheiratet wurde, was als – eben: eines der größten Feste Altbayerns im 15. Jahrhundert gilt und bis heute als kulinarisches, als Kostüm – Musik- Bürger –Stadt und vor allem: Theaterfest gefeiert wird. Seit 1903 vom Verein: „die Förderer“  alle vier Jahre veranstaltet.

Daneben gibt es zahlreiche Laientheatergruppen – erwähnenswert vor allem die Stadtteiltheater Nikola und Konrad, das Kleine Theater Kammerspiele Landshut, das zweite „Professionelle “Theater in der Stadt und noch bis vor zwei Jahren: das südostbayerische Städtetheater – jetzt: Niederbayerisches Landestheater Landshut-Passau-Straubing. Hauptspielort war der Gebäudekomplex Bernlochner, das alte Stadttheater.

Das Theater in Landshut

Inzwischen ist dieses auffällige Bauwerk komplett sanierungsbedürftig, - Anders: baufällig, einsturzgefährdet, verwaist( daher auch, wenn man so will: der aktuelle Bezug zum Stück: „die Waisen“). Das Niederbayerische Landestheater Landshut-Passau-Straubing spielt, residiert, existiert – seit zwei Jahren, im Zirkuszeltbau auf dem großen, zweckmäßig asphaltierten Messeplatz nahe der Sparkassenarena außerhalb der Stadt

Das Mainfranken Theater in Würzburg

„Mandel und Seepferdchen“ – nach den gleichnamigen Hirnarealen für Langzeiterinnerungen ist ein Kammerspiel benannt, das im April seine deutschsprachige Erstaufführung am Mainfranken Theater Würzburg hat. Begeisterter Schlussapplaus für fünf Darsteller. Doch nur zwei davon wird das Publikum auch  in der nächsten Spielzeit wieder zu sehen bekommen. Der Grund: ein Wechsel in der Intendanz. Der neue wird zugleich Schauspieldirektor und bringt auch neues Bühnenpersonal mit.

Uraufführung für den Steppenwolf Anfang Mai. Das Mainfranken-Theater hat die Opernfassung von Hermann Hesses Kultroman in Auftrag gegeben. Erneut zeigt sich die Bühne mit zeitgenössischem Musiktheater auf der Höhe der Zeit. Bis 2021 soll es nun endlich auch das Haus sein. Letzten Sommer hat sich der Stadtrat zum Grundsatzbeschluss für eine 50 Millionen Euro teure Sanierung und Erweiterung durchgerungen. 7 Millionen waren noch geschätzt, als die Erneuerung 2007 erstmals diskutiert wurde. Was folgte, war ein kommunalpolitisches Drama der Irrungen und Wirrungen um mögliche Ausweichspielstätten. Mehrfach wurden mühsam erarbeitete  Entscheidungen wieder über den Haufen geworfen, nicht zuletzt aus Kostengründen.

Ohne Sponsoring wäre am Mainfranken-Theater Würzburg künstlerisch bereits jetzt schon vieles nicht machbar. Zum einen weil der Staatszuschuss seit Jahren konstant bei 5,5 Millionen Euro liegt, und anderen weil Tariferhöhungen für insgesamt 250 Beschäftigte kompensiert werden müssen, ohne dass sich der Städtische Anteil von derzeit 8,8 Millionen Euro weiter erhöht. Finanziell ist Würzburg noch immer nicht auf Rosen gebettet.

Theater in Regensburg

Unsere Theaterreise durch Bayern endet  in der Oberpfalz.  bei einer kleinen Bühne, die zum Überleben zu wenig und zum Sterben zu viel hat. Und von einer relativ großen, die sich von der allgemeinen Krisenstimmung nicht anstecken lässt.


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