Bayern 2 - Zeit für Bayern


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Regen genießen Schirmgeschichte(n) aus München

Ein Schirm schützt, beschirmt natürlich vor allem möglichen – Ofenschirme Sonnenschirme. Aber am bekanntestetn sind die Regenschirme. Wobei sie vor allem eine Erscheinung der Städte sind. Münchner Schirmgeschichten:

Von: Hannelore Fisgus

Stand: 28.02.2015 | Archiv

"Wenn der Regen niederbraust,
 Wenn der Sturm das Feld durchsaust, 
Bleiben Mädchen oder Buben 
Hübsch daheim in Ihren Stuben. -
 Robert aber dachte : Nein!
Das muß draußen herrlich sein ! -
 Und im Felde patschet er
 mit dem Regenschirm umher."

Heinrich Hoffmann.

Und dann hat’s den armen Robert mitsamt seinem Regenschirm weg geweht – so steht’s geschrieben im Struwelpeter, in der Geschichte vom fliegenden Robert. Ihn hat sein Schirm nicht beschützt, was doch eigentlich Sinn und Zweck eines Schirmes ist. (Wir sprechen hier nicht vom Rettungsschirm) Denn das Wort Schirm ist abgeleitet vom althochdeutschen „scirm“ und bedeutete so viel wie Schild. Das Schutzschild der Kämpfer, das häufig mit Fell oder Leder überzogen war. Ob Lampenschirm, Ofenschirm, Mützenschirm oder Regenschirm – der Schirm bietet Schutz. Doch ein Regenschirm war früher noch viel mehr : ein Statussymbol – und was ist er heute?

"Ein Schirm war früher was Besonderes,  für Gentlemen, einfach schick, heute ist er zu einem 0815 Produkt verkommen."

Passantin in der Maximilianstraße

Das bedauert die schicke Dame auf der Münchner Maximilianstrasse, die noch immer ihrem ersten – ganz besonderen  - Schirm nachweint:

"Da habe ich als Studentin in New York einen Dior Schirm gekauft , und den dann irgendwo in einer Telefonzelle liegen lassen."

selbige Frau.

Das Liegenlasssen und Vergessen, das ist oft das Problem mit den guten und teuren Schirmen. Drum kaufen viele die ganz billigen Schirme, aber die Billigschirme für 3 Euro aus dem Drogeriemarkt überleben nicht einmal ansatzweise einen Wind, geschweige denn einen Sturm. Wer einem Knirps sein Eigen nennt ist da schon besser dran -  sagt der Fachmann, der es getestet hat. Wer Qualität will, der muss eben ein paar Euro mehr investieren – sagt Meinrad Aumüller, der Fachhändler

"Von 10 Euro bis 300 kann das gehen."

Meinrad Aumüller

Meinrad Aumüller

Seit 40 Jahren ist der Laden im Münchner Rathaus im Besitz der Familie Aumüller und mittlerweile das einzige Fachgeschäft für Schirme der Landeshauptstadt. Auf Qualität – sagt der Mann – der von Regenschirmen in allen Farben und Mustern umgeben ist, legt heute kaum mehr jemand Wert. Früher hat er noch englische Herrenschirme für 800 Euro verkauft, heute kostet das teuerste Stück das er mir zeigt immerhin noch 300

"Das teure an dem Schirm ist das Ginsterholz es sind überwiegend Herrenschirme die teuren, zum Beispiel mit durchgehendem Stock, Perlmuttknöpfen einem Stahlschieber, Spitze, Krone, außerdem: keine Kinderhand bei der Herstellung."

Meinrad Aumüller

80 Prozent der Regenschirme werden heute in Fernost hergestellt. In Bayern gibt es noch zwei Firmen, die aber nur noch ganz wenige Modelle selbst machen und die meisten importieren. Selbst englische Edelmarken lassen in Fernost produzieren. Deshalb hat Meinrad Aumüller keine mehr im Sortiment. Aber wenn zu jemand ein Schirm gehört – dann doch wohl zu einem englischen Gentlemen.

John Steed und Emma Peel – wer kennt sie nicht, die Fernsehserie aus den 1960ger Jahren mit „Schirm, Charme und Melone“ – ihr Markenzeichen:  der Stockschirm  

Kleine Kulturgeschichte des Schirms

Regen in München

Die ersten Schirme soll es 2000 Jahre vor Christus in China gegeben haben. Sie waren damals Zeichen für Macht und Würde der Herrscher. Im 13. Jahrhundert übernahm die Katholische Kirche den Schirm als Baldachin. Als Regenschirm ist er erstmals im Jahr 800 schriftlich erwähnt, in einem Brief des französischen Abtes Alcuin von Tours an den Salzburger Bischof Arno. Sinngemäß heißt es da:

"Ich sende Dir ein Schutzdach, damit es von deinem verehrungswürdigen Haupte den Regen abhalte."

Brief Alcuins

Zum Gebrauchsgegenstand wurde der Regenschirm Ende des 18. Jahrhunderts. Zuvor war der Schirm allerdings schon ein beliebtes modisches Accessoir der Damen bei Hofe. Rüschchen, Blümchen, Tupfen, Karos – die Mode hat oft wechselt und spielt beim Schirm immer noch eine große Rolle – meint Vertreter Rudi Schweiger und breitet die neue Kollektion auf dem Ladentisch von Meinrad Aumüller aus:

"Also was ganz neu ist, sind Motivschirme, da zum Beispiel der Mailänder Dom mit Fiat 500.. Paris, London, New York, hier beispielsweise London: Big Ben Wachablösung, dann sind momentan auch transparente Schirme angesagt im Stock und Taschenschirmbereich."

Meinrad Aumüller

Dieser Schirm geht mit einem Knopfdruck auf und mit einem Knopfdruck zu - er ist nicht billig, aber der Vorteil teurer Schirme liegt auf der Hand: es lohnt sich sie zu reparieren:

"Der hat 70-80 Euro gekostet  – 25 Euro macht die Reparatur, find schon dass sich das lohnt. Arbeit kostet halt Geld."

Einsicht einer Kundin.

Reparieren könnte Meinrad Aumüller auch den billigsten Schirm – aber lohnt sich das? Die Kundin verlässt mit  ihrem schicken, frisch reparierten Stockschirm den Laden und freut sich, dass sie das gute Stück wieder hat. Hoffentlich lässt sie ihn nicht in der nächsten Telefonzelle stehen. Aber nein, das geht gar nicht. Die gibt es ja schon lange nicht mehr.


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