Bayern 2 - Land und Leute


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60 Jahre Werbefernsehen Schätze aus dem Werbefunkarchiv Regensburg

Vor 60 Jahren flimmerten in deutschen Wohnzimmern erstmals Werbespots über die Bildschirme: Der BR strahlte als erster Sender in der Bundesrepublik ein paar Minuten Werbefernsehen aus. Carola Zinner hat das historische Werbefunkarchiv in Regensburg besucht und akustische Hörproben mitgebracht.

Von: Carola Zinner

Stand: 30.10.2016 | Archiv

Im ersten Fernseh-Werbefilmchen Deutschlands am 3. November 1956 machten Liesl Karlstadt und Beppo Brehm Reklame für das Waschmittel Persil. Radiospots folgten ein paar Jahre später. Das Historische Werbefunkarchiv der Universität Regensburg verfügt über eine einzigartige Sammlung von Werbefunksendungen ab 1950. Rund 8.000 Magnettonbänder - inzwischen digitalisiert - lagern dort im Keller, echte Raritäen, denn viele Aufnahmen wurden nach Gebrauch in den Funkhäusern gelöscht.

Hüterinnen dieses Schatzes sind Ursula Grundl und Gabriele Gerber. Sie haben ihn digitalisiert, eingescannt und ins Internet gestellt: als Schwerpunkt des "Regensburger Archivs für Werbeforschung". Und: sie kümmern sich um das, was inzwischen von verschiedensten Seiten dazugekommen ist.

"Es war manchmal so, dass man einen Werbespot den ganzen Tag nicht aus dem Kopf gekriegt hat. Also wenn der von der Musik her sehr ansprechend war oder auch vom  Text her, oft gereimt auch, dann hat man das als Ohrwurm den ganzen Tag im Kopf gehabt."

(Gabriele Gerber)

Persilwerbung mit Liesl Karlstadt und Beppo Brehm

"Kein Grund zur Aufregung, denn so muss es in der Werbung ja sein: Erst läuft alles richtig schief, damit es dann - natürlich unter Zuhilfenahme des rettenden, wahren, einzigartigen Produktes - umso schöner, besser - ja, schlicht herrlich werden kann."

(Carola Zinner)

Werbung war immer auch ein Spiegel ihrer Zeit

Hausfrau in "hochmoderner" Einbauküche (1958)

Die Spots von damals spiegeln den Zeitgeist der 1950-er Jahre wider. Die größte Not war vorbei; es gab wieder Arbeit in Nachkriegsdeutschland. Die Menschen gönnten sich den kleinen Luxus: einen Motorroller, eines der neuen winzigen Autos wie die BMW-Isetta. Vielleicht auch eine technisch perfekte Küche, in der die Arbeit der Hausfrau leichter von der Hand ging. Und die Werbung reagierte auf diese Bedürfnisse. "Wirklich mal was Gutes rauchen - wissen Sie, was Sie jetzt brauchen?", lautete eine typische Zigarettenwerbung. HB-Männchen und Hustinetten-Bär waren im Einsatz.

In den 70er Jahren zog der Konkurrenzkampf in die Werbung ein

Werbung spiegelt den Zeitgeist nicht nur, sie prägt ihn auch, sagt die Kommunikationsforschung. In den 70er Jahren zog der Konkurrenzkampf ein in die Werbung. Hatte frau sich in der Reklame in den 50er Jahren ganz schlicht darüber gefreut, dass sie bei Verwendung des modernsten aller Waschmittel auf Waschbrett und Wurzelbürste fast ganz verzichten konnte, musste sie sich nun daran messen lassen, in welchem Zustand sich ihre Wäsche im Vergleich zu der der Konkurrenz befand.


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