Bayern 2 - Land und Leute


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Vincenz Müller Walter Ulbrichts bayerischer General

Christoph Krix und Thomas Klug porträtieren Vincenz Müller, einen in Bayern geborenen preußischen General, der nach dem Zweiten Weltkrieg in der Armee der DDR diente und von einem vereinten Deutschland träumte.

Von: Christoph Krix und Thomas Klug

Stand: 03.10.2016 | Archiv

Auf der Suche nach dem "wahren Vaterland"

"Um die Wahrheit zu finden, muss sich jeder einmal in seinem Leben von allen übernommenen Auffassungen frei machen und sich aufs neue und von Grund auf das System seiner Erkenntnisse aufbauen."

Den Satz von Renée Descartes hat Vincenz Müller seinen Lebenserinnerungen vorangestellt. Er hat sich gründlich daran gehalten. Wie sonst bekommt man zwei Auszeichnungen, die unterschiedlicher nicht sein können: Das Ritterkreuz zweiter Klasse. Und den Vaterländischen Verdienstorden der DDR in Gold? - Vincenz Müller ist auf der Suche nach dem "wahren Vaterland".

Er zog die Militärlaufbahn dem Priesterberuf vor

Sein katholisches Elternhaus in Aichach bei Augsburg hatte für ihn eine Laufbahn als Priester vorgesehen, doch den  jungen Seminaristen Vincenz Müller konnte nur eins begeistern: das Militär. Er diente als Fahnenjunker im Heer von Kaiser Wilhelm II. ebenso wie im Hunderttausend-Mann-Heer der Weimarer Republik. Er diente in der Wehrmacht Adolf Hitlers und er diente in der Armee Walter Ulbrichts.

Müller rettete 50.000 Soldaten das Leben

Überlebende deutsche Soldaten verlassen nach der Kapitulation Stalingrad

Sein letzter Einsatz im Zweiten Weltkrieg war sein wichtigster: Weißrussland, Sommer 1944. Der 4. Armee droht die Einkesselung. Der Rückzug ist abgeschnitten.  In dieser aussichtslosen Lage begibt sich Generalleutnant  Müller  am Morgen des 8. Juli  zu Pferde  in Begleitung eines Hornisten und eines Offiziers in Richtung des sowjetischen Artilleriefeuers, um den Russen die Kapitulation zu überbringen. Müller rettet so 50.000 Soldaten das Leben. Er engagiert sich im Nationalkomitee Freies Deutschland.

Ein vereinigtes Vaterland blieb für Vincenz Müller ein Traum

Wilhelm Pieck begrüßt Vincenz Müller (1957)

Nach dem Zweiten Weltkrieg bleibt Müller auf der östlichen Seite des Eisernen Vorhangs, wird stellvertretender Verteidigungsminister der DDR und baut die kasernierte Volkspolizei auf, die Vorgängerin der NVA. Müller pflegt intensive Westkontakte, auch  Minister Fritz Schäffer der  Regierung Adenauer ist häufig zu Gast in Ost-Berlin. Es geht um die deutsche Frage. Möglichkeiten einer Wiedervereinigung sollen ausgelotet werden. Da gerät Müller ins Visier der Staatssicherheit. Die misstraut dem Ex-Wehrmachtsgeneral schon lange. 1959 lässt ihn die SED Führung fallen. Ein vereinigtes Vaterland bleibt für Vincenz Müller ein Traum.


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