Die schöne Amalie ... und ihr Fjodor Iwanowitsch Tjuttscheff
Eine der schönsten Damen in der Schönheitengalerie in Schloss Nymphenburg ist Amalie von Kruedener, eine geborene von Lerchenfeld. Sie hat den Männern ihrer Zeit ganz schön den Kopf verdreht. Dem russischen Dichter Fjodor Iwanowitsch Tjuttschew lieferten die Liebesnächte mit ihr den Stoff für Gedichte, die als Inbegriff romantischer russischer Liebeslyrik gelten. - Bernd Kellermann hat dem bewegten Leben der schönen Oberpfälzerin nachgespürt.
In der Schönheitsgalerie von König Ludwig I. im Schloss Nymphenburg sticht ein Bild besonders hervor: Es zeigt eine Frau mit ebenmäßigem Gesicht, schulterfreiem Kleid und rötlich gepuderten Wangen, die den Kopf nicht - wie all die anderen Schönheiten - artig neigt, sondern selbstbewusst ganz gerade am Betrachter vorbeischaut.
Sie durfte sich Amalie von Lerchenfeld nennen
Selbstbewusst konnte eine Frau mit ihrer Geschichte auch sein. Sie wurde 1808 in Regensburg als Amalie Stargard geboren und war das uneheliche Kind von Herzogin Therese von Mecklenburg, einer Prinzessin von Thurn und Taxis, und dem Gesandten am Immerwährenden Reichstag Maximilian-Emanuel Graf von und zu Lerchenfeld. Aufgewachsen ist sie in München und im Schloss der Lerchenfelds in Köfering bei Regensburg. Sie - und die ganze Familie - war stolz auf ihre Herkunft, deshalb durfte sie sich auch Amalie von Lerchenfeld nennen. Ein Nachfahre ihres Vaters, der heutige Bundestagsabgeordnete Philipp Graf von und zu Lerchenfeld, belegt das in der Sendung mit Auszügen aus Briefen und Tagebüchern sowie mit Anekdoten aus der Familiengeschichte.
Amouröse Treffen auf der Burgruine Donaustauf
Es ist der Frühsommer des Jahres 1824: Ein Liebespaar trifft sich auf der Burgruine Donaustauf bei Regensburg zum Rendezvous. Es sind bessere Leute: Er, 21, Nachwuchsdiplomat, von Zar Alexander I. an die russische Botschaft beim Hof des Königreichs Bayern entsandt. Sie ist 16, die bildhübsche Tochter des Grafen Lerchenfeld und der Fürstin von Thurn und Taxis. Die Liebenden heißen Fjodor Iwanowitsch Tjuttschew und Amalie von Lerchenfeld, genannt Amélie. Tjuttschew wird später einer der bekanntesten Dichter Russlands, einer, den dort heute jedes Kind kennt. Von ihm stammen die vielzitierten Sätze:
"Verstehen kann man Russland nicht, und auch nicht messen mit Verstand. Es hat sein eigenes Gesicht. Nur glauben kann man an das Land."
(F. I. Tjuttschew)
Trauriges Ende einer großen Liebe
Tjuttschew widmet seiner angebeteten Amalie Liebesgedichte, die in Russland jedes Schulkind heute noch kennt. Doch die beiden können nicht zueinander kommen: Ein Kollege Tjuttschews, Baron Paul von Krüdener, ist ebenfalls in die Schöne verliebt. Fast kommt es zwischen den beiden Rivalen zum Duell. Am Ende heiratet Amalie nicht den jungen Dichter, sondern den älteren Baron. Drei Jahre nach der Hochzeit lässt König Ludwig I. die Umschwärmte für seine Schönheitsgalerie malen. Ihre Geschichte ist damit jedoch noch nicht zu Ende. Als Amalie Comtesse Adlerberg verbringt sie ihren Lebensabend am Tegernsee, wo im Zuge der Recherchen für diese Sendung ihr Grab wiedergefunden wurde.
"Ich kannt' einst Augen, welche Augen!
Gott weiß, wie liebt‘ ich ihren Blick.
In ihre Zaubernacht zu tauchen
War meiner Seele einzig Glück.
Wenn solche Wunderblicke glommen,
wusst ich, davon durchzittert, nie
wie unerschüttert draus entkommen,
Wie ohne Thränen lieben sie."
(F. I. Tjuttschew)