Bayern 2 - Land und Leute


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Eduard Thöny Zum 150. Geburtstag

Eduard Thöny zeichnete die charakteristischen Typen der Wilhelminischen Kaiserzeit, Richter, Pfarrer und Beamte, höhere Töchter und die verschmitzten Südtiroler Bauern. Er wurde damit zum großen Gesellschaftskritiker und blieb doch in seinen Blättern unverkennbar er selbst, ehrlich und echt, in der bissigen Satire genauso wie in der liebevoll humorigen Darstellung.

Von: Sarah Khosh-Amoz

Stand: 07.02.2016 | Archiv

Eduard Thöny | Bild: Knorr + Hirth/Süddeutsche Zeitung Photo

"Mit welcher großartigen Leichtigkeit der Mann gezeichnet hat, mit diesen wenigen Strichen, so expressiv zu sein und so stark darzustellen, als Kritiker, das ist einfach für mich einmalig."

(Michael Seeber, Sammler)

"Wir haben fast das Gefühl manchmal, man würde vor Fotografien der Zeit stehen und nicht unbedingt vor Zeichnungen. Die Menschen mögen verzerrt erscheinen. Sie mögen vielleicht ein wenig pointierter dargestellt, als sie in der Realität erscheinen, aber sie sind nie despektierlich dargestellt, er nimmt den Figuren nie ihre Würde."

(Alexander Kunkel, Münchner Kunsthändler und Kunsthistoriker)

50 Mark erhielt er für seine erste Illustration

Historische Titelblätter des humoristisch-satirischen Magazins "Simplicissimus"

Eine zähnefletschende rote Bulldogge, die sich von ihrer Kette losreißt, gilt als Wappentier der legendären Satirezeitschrift  Simplicissimus. Die Bulldogge steht für eine Urgewalt, die sich von nichts bremsen lässt und auf alles losstürmt, wovon sie sich provoziert fühlt. Im Prinzip wollte der Simplicissimus das Gleiche: Mutig und angriffslustig erschien die Satirezeitschrift 1896 zum ersten Mal. Im selben Jahr begann der aus Südtirol stammende Eduard Thöny für den Simplicissimus zu zeichnen. - Beinahe ein halbes Jahrhundert hielt er dem "alten Simpl" die Treue. 50 Mark erhielt er für seine erste Illustration; insgesamt sollten es weit über 3 000 Simplicissimus-Blätter werden: Eine gezeichnete Kulturgeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Eduard Thöny, der Gesellschaftskritiker

Franz von Defregger war sein väterlicher Freund

Eduard Thöny kam am 9. Februar 1866 als Sohn eines Südtiroler Holzschnitzers und Bildhauers in Brixen auf die Welt. Seine Kindheit verbrachte er in München, wohin die Familie aus beruflichen Gründen übersiedelt war. Das künstlerische Ambiente im Elternhaus, insbesondere die Beziehung zu dem berühmten väterlichen Freund Franz von Defregger, waren ausschlaggebend für Thönys Wunsch, Historien- und Genremaler zu werden, eine damals höchst angesehene Kunstgattung. Seine Berufung und seine Leidenschaft aber sollten einem anderen Metier gelten.

Die Situation für Maler war schwierig

Schon während seines Studiums an der Münchner Akademie lieferte er Zeichnungen voller Witz und Ironie an die "Münchner Humoristischen Blätter", eine wöchentlich erscheinende Beilage des "Neuen Münchner Tagblattes". Die Bezahlung war gering: zwischen 60 und 90 Pfennig pro Zeichnung. Thöny lebte bescheiden und hielt sich mit Werbeentwürfen, Modezeichnungen, Illustrationen für Broschüren und Berichten über Wasser. Nur gelegentlich verkaufte er ein Bild. - Die Situation für Maler war schwierig. Die Kunstakademien in Europa spuckten Jahr für Jahr Tausende von angehenden Künstlern aus, erzählt der Münchner Kunsthändler und Kunsthistoriker Alexander Kunkel:

"Der Markt war natürlich nie so groß, als dass alle diese Künstler eine Chance gehabt hätten, sich auf diesem zu etablieren. Am Ende kann man sagen, es gab viele, viele Talente, nur nicht jedem war es gegeben, aufgrund welcher Umstände auch immer, es voll zu entfalten und sich zu einem prominenten Künstler der Zeit zu entwickeln."

(Alexander Kunkel, Münchner Kunsthändler und Kunsthistoriker)

Dagmar von Kessel-Thöny - Eduard Thönys Enkelin

Dagmar von Kessel-Thöny vor dem Porträt ihres Großvaters

In ihrer Doktorarbeit hat sich die Enkelin mit der Kunst Ihres Großvaters ausgiebig auseinander gesetzt; Dagmar von Kessel-Thöny verwaltet seinen Nachlass und organisiert immer wieder Ausstellungen, um das Werk ihres Großvaters einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren:

"Ich empfinde es als eine Pflicht. Ich habe keineswegs irgendein Monopol daran, aber ich denke, wir sind auf das Große, Plakative so fixiert optisch. Und man müsste doch einen Lupenblick haben, um diese feinen, tollen Zeichnungen zu sehen, aber ob man sich dafür Zeit nimmt?! Dabei wäre es eigentlich bequem, denn in der Anna Amalia Bibliothek im Internet gibt es ja den gesamten Simplicissimus, im Netz, den man sich angucken könnte."

Prominente Sprecher im Hörfunkstudio:

Gerd Anthoff und Laura Maire bei der Aufnahme zur "Eduard Thöny"-Sendung.


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