Bayern 2 - Land und Leute


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Pfarrer Joseph Conrad Der Don Camillo aus der Jachenau

Joseph Conrad kam 1915 als Pfarrer in die Jachenau und verschaffte sich in der kleinen Welt dieses Bergtales schnell Respekt - nicht nur durch die Sprengkraft seiner Worte, sondern auch ganz irdisch durch seinen geschickten Umgang mit Dynamit. Wenn beim Wegebau ein Fels die Arbeiten behinderte, rief man den Pfarrer, der mit Lunte und Pulver das Hindernis aus dem Weg räumte. - Andreas Pehl mit einem Porträt des Don Camillo aus der Jachenau.

Von: Andreas Pehl

Stand: 06.01.2017 | Archiv

Pfarrer Joseph Conrad | Bild: Pfarrer Conrad/ Sammlung Kaspar Kohlhauf

Vorne im rechten Seitenaltar der Jachenauer Kirche stehen die Figuren der Heiligen Drei Könige seit nunmehr 300 Jahren. Sie haben viel erlebt, die Blüte und den Niedergang der Dreikönigsbruderschaft im Tal, die Säkularisation und eine Reihe von Pfarrern. Einer von ihnen war der Schwabe Joseph Conrad.

"Dem war nix z’hart. Damals san no die Häuser ausg'segnet worden, an Dreikönig, und nacha is da Pfarrer von Haus zu Haus ganga und hat des selber g’macht."

(Kaspar Kohlhauf, ehemaliger Schüler von Joseph Conrad)

"Dieser Marsch durch die Jachenau war mehrtägig und war wohl für alle Beteiligten eine ganz strapaziöse, aber eine Pflichtveranstaltung, wo dann eben auf den Höfen lange geratscht wurde - im Winter hat man ja auch Zeit - und auch gut konsumiert wurde."

(Jost Gudelius, Chronist der Jachenau)

Pfarrer Conrad in Aktion

"Und is‘ oft spät worn beim hoamgeh. Und oamoi is er mit de Ministranten im Dunkeln scho hoamganga, na is er eana von da Straß abkemma und in Grabn neig'falln in’n hohen Schnee. Nacha ham de zwoa Ministranten große Mühe g'habt, wias den schweren Mann drahn ham kenna und aufloana - also wieder aufrichten und auf’d Fiaß stelln, daß er hoam geh hat kenna."

(Kaspar Kohlhauf)

Er lenkte die Geschicke seiner Gemeinde streng und doch gütig

Pfarrer Conrad auf dem Balkon des Pfarrhofes

Wahrscheinlich hätte er sich - wie Don Camillo - auch mit dem Bürgermeister angelegt, wenn dessen Politik nicht nach seinem Geschmack gewesen wäre. Denn auch wenn er so gar nicht wie ein Don Camillo aussah, erinnert Joseph Conrad doch auch an den Romanhelden Guareschis. Das Engagement für die Menschen, die unorthodoxen Methoden und die direkten Worte verbinden Don Camillo und den Jachenauer Pfarrer. Als Fotograf und Seelsorger besuchte er seine Gemeindemitglieder, machte Bilder und kam dabei mit allen ins Gespräch. Mit geschickten Worten wusste er seine Gemeinde streng und doch gütig zu lenken und achtete auf den Erhalt von Tradition und Tracht.

Pfarrer Joseph Conrad als Fotograf

Alle Bilder dieser Galerie stammen von Pfarrer Conrad und sind zum großen Teil auf Glasplattennegativen erhalten. Er ist mit seiner Kamera von Alm zu Alm und von Hof zu Hof gezogen, hat porträtiert und 50 Jahre Jachenauer Geschichte dokumentiert. Sein ehemaliger Schüler Kaspar Kohlhauf hat die Glasplatten beim Abriss des alten Pfarrhofes auf dem Dachboden entdeckt und vor der Vernichtung bewahrt.

Reparieren statt Wegwerfen war seine Devise

Die selbstgebaute Jachenauer Lichtanlage

Als Vorsitzender der Raiffeisenkasse hatte er auch die finanziellen Belange seiner Schäfchen im Blick. Wenn sich die alten Schuhe noch flicken ließen, griff er lieber selbst zur Ahle als Geld für neue Schuhe auszuzahlen. Installationsarbeiten, Lichtmaschinen, kaputte Uhren und löchrige Töpfe gehörten ebenso zu seinem Aufgabengebiet wie Versehgänge und Religionsunterricht. Und berühmt sind die Geschichten rund um die Häusersegnung am Dreikönigstag - Pastoralgespräche bei Wammerl, Bier und Schnaps, bei denen der Rückweg in den Pfarrhof nicht immer unfallfrei blieb.

"Diejenigen, die jetzt noch leben und die ihn erlebt haben, alle kriegen glänzende Augen, wenn's über den Pfarrer Conrad geht. Glänzende Augen und fröhliche Augen. Weil er wirklich wohl ein lebenslustiger und nicht lebensfeindlicher Mensch war, der voll im Leben stand und damit den Jachenauern auch ein gutes Beispiel war."

(Jost Gudelius, Chronist der Jachenau)


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