Bayern 2 - Heimatspiegel


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Bumeders Buchtipps Die Bayerische Bücherschau Weihnachten 2015

Ein gutes Buch ist ein klassisches Weihnachtsgeschenk. Die Zahl der Neuerscheinungen ist groß, auch an bayerischen Büchern. Um die Auswahl zu erleichtern, stellt Franz Bumeder seine Lieblingstitel aus und über Bayern vor.

Von: Franz Bumeder

Stand: 19.12.2015 | Archiv

Bayerische Bücherschau Weihnachten 2015 | Bild: Clemens-Kiessling-Verlag, Volk Verlag, emons Verlag, Allitera Verlag, Montage: BR

Die besprochenen Titel im Einzelnen:

Neugirg Norbert: Tuscheineinhalbmal. Buch und Kunstverlag Oberpfalz. Amberg 2015
Fesl Fredl: Ohne Gaudi is ois nix. Volk Verlag München 2015
Raim Edith / Fischer Sonia (Hrsg.): Don´t take your guns to town. Volk Verlag München 2015
Panzer Marita A. / Ploßl Elisabeth: Bayerns Töchter. Allitera Verlag München 2015
Rohm Manfred / Titz Josef: die Woche bringt es an den Tag. MZ Buchverlag Regenstauf 2015
Amann Manfred / Mayer Hubert: Pfaffenwinkel. Volk Verlag München 2015
Rottmeir Johann: Bazi, Blunzn, Breznsoizer. Volk Verlag München 2015
von Schelling Cornelia / Stickel Andrea (Hg.): Die Hoffnung im Gepäck. Allitera Verlag 2015
Gilbhard Hermann: Die Thule-Gesellschaft 2. überarbeitete Auflage. Clemens-Kiessling-Verlag 2015
Weingartner Claudia: Das große Christkindlbuch. emons Verlag Köln 2015

Autor Franz Bumeder schaut sich die Bücher genau an, die er empfiehlt.

Im Fasching oder in der Fasnacht ist sie gern gesehen, die „Altneihauser Feierwehrkapelln“ als, sagen wir mal, Festredner. Zur Wiederverwendung durchaus zu empfehlen. Genauso wie viele andere Gedichte, Lieder und Sketsche aus dem neuen Buch von Kapellenchef Norbert Neugirg. „Tuscheineinhalbmal“lautet der Titel. Der Inhalt laut Verlag „viele bisher unveröffentlichte Passagen aus berüchtigten Brandreden“. Auch ohne dass diese zu hören sind, wer den Stil dieser Gruppe aus der Oberpfalz mag, dem sind Lachsalven garantiert.

Wer kennt ihn nicht, den Fredl Fesl, den wie manche sagen, Erfinder des bayerischen Musikkabaretts. 68 Jahre ist er heuer geworden, Zeit wie er anscheinend meint, für die Autobiographie. Erinnerungen an die Anfänge im Song Parnass, der legendären Münchner Kleinkunstbühne, in den 70er Jahren. Wegen seiner schweren Parkinson-Erkrankung hält Fesl eine längere Lesung nicht mehr durch, das Lesen übernahm bei der Buchpräsentation Thomas Grasberger.

In 55 kurzen Kapiteln erinnert Fredl Fesl sich und andere mit dem Untertitel „Ohne Gaudi is ois nix“ an ein sehr ereignisreiches Künstlerleben. „Was Wegbegleiter wissen, so heißt es am Ende des Buches, wo befreundete Künstlerinnen und Künstler, unter ihnen etwa Konstantin Wecker, Mike Krüger, Martina Schwarzmann oder die Monaco Bagage Erinnerungen an Fesl niederschreiben. Ein rundum gelungenes und viele Erinnerungen weckendes Buch!

Johnny Cash wurde weltberühmt mit seinem Hit „Don´t take your guns to town“. Entstanden ist dieser Song in Landsberg am Lech Anfang der 50er Jahre. Der später weltberühmte Country-Musiker war in der US-Base Penzing als Funker stationiert. Wie die Amerikaner im Raum Landsberg lebten, wie sie die Gegend und die dort lebenden Menschen beeinflussten, aber auch wie Cash seine drei Jahre dort verbrachte. Dabei helfen zahlreiche Fotos, die den Musiker nicht nur als uniformierten Besatzungssoldaten, sondern auch als vielseitig interessierten Touristen zeigen. Dazu historisch fundierte Artikel über die Präsenz der US-Truppen im Nachkriegsdeutschland. Mehr als ein Begleitbuch zur Ausstellung „Don´t take your guns to town“, die noch bis Ende Januar in Landsberg läuft: der Band ist ein rundum gelungenes Stück spannender regionaler Zeitgeschichte, lesenswert weit über die Grenzen Landsberg hinaus.

Einen wesentlich längeren Zeitraum umfasst ein Buch der beiden Historikerinnen Marita Panzer und Elisabeth Plößl.„Frauenporträts aus fünf Jahrhunderten“ so der Untertitel zu „Bayerns Töchter“. 82 Persönlichkeiten aus Bayern werden porträtiert. Bekannte Namen finden sich darunter wie Barbara Blomberg, Therese Giehse oder Grete Schickedanz. Aber auch weit gehend unbekannte Frauen, die dennoch Bedeutendes bewirkten wie die Augsburger Wohltäterin und Schulgründerin Anna Barbara von Stetten.

 

Ihre Gründung, das A.B. von Stettensche Institut in Augsburg besteht heute noch. Kein Buch zum Durchlesen von vorne bis hinten, immer wieder reinschauen in die kurz gehaltenen informativen Kapitel lohnt sich auf jeden Fall, auch für Leser, die nicht explizit an Frauengeschichte interessiert sind.

Ein ganz anderes Stück regionaler Zeitgeschichte ist dem Buchverlag der Mittelbayerischen Zeitung gelungen. Wer im letzten Drittel des letzten Jahrhunderts in der südlichen Oberpfalz lebte, kam an einem wohl einzigartigen Zeitungsmodell kaum vorbei. an der „Woche“, dem laut Verlag „einzigen wöchentlich erscheinenden regionalen Boulevard-Blatt der Republik“. Nicht wenige Leser warteten Donnerstag für Donnerstag auf das Erscheinen dieses frechen und sich oft klar positionierenden Blattes – und das 30 Jahre lang, von 1968 bis 1998. Der frühere Woche-Redakteur Manfred Rohm und Gründungschef Josef, besser bekannt als „Jupp“ Titz haben hundert Storys, Geschichten, Skandale und Skandälchen aus 30 Jahren ausgewählt.

Der spukende Geist Chopper aus Neutraubling taucht da auf, die Anti-Strauß-Aktivistin Christine Schanderl oder Gloria von Thurn und Taxis, als sie noch von Schönburg-Glauchau hieß. Viele Erinnerungen nicht nur an Ereignisse, die damals für Schlagzeilen sorgten sondern auch an eine Zeitung, die man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann.

So beginnt ein wunderschöner Bildband über den so genannten Pfaffenwinkel, jenes Gebiet südlich des Starnberger und Ammersees, begrenzt im Westen vom Lech und im Osten von der Loisach. Allein 159 Kirchen und Klöster soll es dort geben, zahlreiche von ihnen findet der Leser in dem Band von Manfred Amann und Hubert Mayer. „Ein Hauch vom Paradies“ haben sie die Neuerscheinung des Münchner Volk-Verlags untertitelt. Zu Recht, wenn man allein auf die sorgfältig ausgewählten und ausdrucksvollen Bilder schaut. Dazu beschreibende informative kurze Texte, alles übersichtlich in drei Kapiteln geordnet: Natur, Traditionen und Geschichten. Natürlich vermisst man Detailinfos etwa zu Anfahrtswegen, Terminen oder Webseiten. Das Buch ist aber so gut gemacht, dass der interessierte Leser quasi von selbst nach weiteren Informationen giert und in anderen Quellen fast automatisch sucht. 

Wer des Bairischen nicht mächtig ist – und für diese Ausdrücke Übersetzungshilfe braucht, dem sei „Bazi, Blunzn, Breznsoizer“ von Josef Rottmeir empfohlen. Vier Jahre lang hat der ehemalige leitende Beamte in der Bayerischen Staatskanzlei nach seiner Pensionierung an einer Art Lexikon gearbeitet.

Noch ein bairisches Lexikon? Mag sein, was Rottmeir aber auszeichnet, ist die relativ lockere und sehr kurzteilige Darstellung. Jedes Beispiel wird übersetzt bzw. erläutert. Missionieren will Josef Rottmeir nicht, dass sich Sprache ändert, ist auch ihm klar. Oder man erinnert sich bei der Lektüre an längst vergangene manchmal angenehme und manchmal weniger angenehme Spracherlebnisse aus Kindheit und Jugend.

Vielleicht hilft Rottmeirs Buch ja auch einigen der Menschen, die derzeit als Flüchtlinge zu uns kommen, wenn es um ihre Integration in Bayern geht. In Zusammenarbeit mit dem Münchner Beratungs- und Behandlungszentrum für Flüchtlinge und Folteropfer „refugio“ ist dem Allitera-Verlag ein unscheinbares aber bemerkenswertes Werk gelungen. Zum Teil sehr bekannte Autorinnen und Autoren wie Friedrich Ani, Doris Dörrie oder Tilmann Spengler haben Schicksale geflüchteter Menschen aufgezeichnet. Oder Asta Scheib, die über Roya aus Afghanistan schreibt:

18 Einzelschicksale schildert das Buch „Die Hoffnung im Gepäck“. 18 Menschen, die nach zum Teil abenteuerlichen Fluchten in Deutschland angekommen sind. Erlebnisse aus Welten, die uns, die wir hier im Luxus leben, unvorstellbar sind. 18 Menschen, die auf unterschiedliche Art und Weise sich hier um Integration bemühen. Ein kleiner, aber sehr wertvoller Beitrag zum Thema Flüchtlinge in Bayern.

Welch wichtige Rolle die berüchtigte okkulte Geheimgesellschaft „Thule“ bei der Entstehung der NSDAP gespielt hat, ist schon lange klar. Dass diese „Thule-Gesellschaft“ aber mehr war als ein Verein verrückter altgermanische Spiritisten, hat der BR-Autor Hermann Gilbhard in seinem gleichnamigen Buch nachgewiesen. Jetzt hat Gilbhard in einer Neuauflage nachgelegt – und die Spur des Thule Gründers Rudolf von Sebottendorf nach Liechtenstein verfolgt. Dort ist er im Landesarchiv fündig geworden. 

Bei seinen Recherchen über den angeblichen Tod des Thule-Gründers in Istanbul ist Gilbhard allerdings bislang nicht erfolgreich – noch nicht.

Zum Schluss wird es dann doch noch der Jahreszeit angemessen. In einer vorweihnachtlichen Bücherschau darf ein Weihnachts- oder besser ein Christkindlbuch nicht fehlen. Wer sich also auf die Schnelle  noch auf das bevorstehende Fest einstimmen will oder noch ganz schnell ein mit Vergnügen anzuschauendes Weihnachtsgeschenk braucht, dem kann der Kölner emons-Verlage helfen. Die Journalistin Claudia Weingärtner hat Geschichten, Lieder, aber auch Rezepte und Sehenswürdigkeiten wie Weihnachtsmärkte oder besondere Krippen zusammengefasst – aus München und dem Umland. Auch Traditionen kommen nicht zu kurz, wie etwa die „Mettensau“, das extra für Weihnachten geschlachtete Schwein.

Na dann, guten Appetit und ein frohes Weihnachtsfest – mit oder ohne Mettensau!


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