Bayern 2 - Bayerisches Feuilleton


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Zirkus-Heroinen Legendäre Krone-Frauen

Der Circus Krone, Europas größtes Unternehmen dieser Art, gastiert derzeit wieder einmal in seinem Winterquartier - dem Münchner Stammhaus - und präsentiert dort ein "Programm der Superlative". Auch im "Bayerischen Feuilleton" erwartet Sie heute ein zirzensisches Spektakel der besonderen Art - nämlich der Güteklasse "unbeschreiblich weiblich". Justina Schreiber erzählt von märchenhaft schönen Akrobatinnen und tollkühnen Dompteusen, die Zirkusgeschichte schrieben - und auch das Programm des Circus Krone prägten.

Von: Justina Schreiber

Stand: 17.01.2015 | Archiv

Christel Sembach-Krone mit ihren Pferden | Bild: picture-alliance/dpa

Prickelnd. In der gebändigten Kraft des Animalischen, im Körperkult der neuartigen Zirkusdarbietungen lag eine Erotik, der - anders als bei den Pariser Varietés zum Beispiel - nicht viel Anrüchiges anhaftete. Denn die knappe Kleidung, die die Artistinnen trugen, war ja der besseren Beweglichkeit geschuldet. Vor allem der deutsche Zirkus legte immer auch Wert auf Anstand und Moral. So war es 1950 durchaus eine Sensation, als die bekannte Dompteuse Taranda nur mit einem Bikini bekleidet im Löwenkäfig auftrat, obwohl bereits die Gummifrau, die die Besucher der Leipziger Neujahrsmesse 1731 verwirrte, gewiss kein Korsett trug.

Löwenbändigerinnen und Trapezkünstlerinnen

Löwenbändigerin Doris Arndt, 1963

In der Arena herrschte Totenstille, wenn Trapezkünstlerinnen wie Genia und Irma tollkühn durch die Lüfte flogen. Wenn Tigerbraut Cilly ihren Lieblings-”Kater” Emir mit der Peitsche neckte - oder wenn sich Mrs. Charles, Karl Krones Ehefrau Ida, zusammen mit ihren 24 männlichen Berberlöwen zeigte: das war Spannung pur in Zeiten, als es noch keinen Fernseher gab. Das zarte Geschlecht so stark, so diszipliniert, so eiskalt zu erleben, löste nicht nur bei den Herren grenzenlose Bewunderung aus.

Frauen waren von Anfang an dabei

Die ehemalige Artistin und Tänzerin Elisabeth Schröder (91) mit Ramses, dem lachenden Pferd

Frauen in der Manege. Von Anfang an waren sie mit dabei. Als Dekoration, als Attraktion, als Assistentinnen und als Direktorinnen. Der pensionierte Oberfeldwebel der englischen Kavallerie Philip Astley, der als der Erfinder des modernen Zirkus gilt, gab vormittags Reitstunden, nachmittags aber Schauvorführungen auf dem Pferde, zusammen mit seiner Frau, Mrs. Astley. Das war um 1766. 30 Jahre später konnte Christoph de Bach, der Pionier des deutschen Zirkus’, nur deshalb eine eigene Kunstreiter-Gesellschaft gründen, weil er die Witwe eines englischen Kollegen heiratete, die dessen Geschäfte höchst erfolgreich geführt hatte. Sie ermöglichte es dem gebürtigen Kurländer, 1808 im Wiener Prater ein großes, neuartiges Amphitheater zu eröffnen, das er „Circus gymnasticus“ nannte. Ein Holzgebäude für 3000 Personen mit 13 Logen und 3 Galerien, wo in ständig wechselnden Programmen neben den obligaten Pferdedressuren Seiltänzer, Jongleure und Akrobaten ihre Kunststücke vorführten.

Übermenschliche, mythologische Figuren

Artistin Clara auf dem Rücken des legendären "Colonel Joe" (2002)

Vollendete Körperbeherrschung in paillettenbesetzten Glitzerkostümen: Dompteusen, Drahtseilakrobatinnen oder Kunstreiterinnen mussten dem Publikum beinahe zwangsläufig wie übermenschliche, mythologische Figuren erscheinen. Bändigten sie nicht mit zarter Hand grausame Tiere? Widerstanden sie nicht scheinbar mühelos der Schwerkraft? Wie auch heute noch gastierten in Europas größtem Zirkus von Anfang an nur die “Stars der Manege”, die besten Artisten und Artistinnen der Welt.


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