Bayern 2 - Bayerisches Feuilleton


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Zenz meets Franz Oder: Der Stenz auf der Stanz

Worum es hier geht? Ja mei, worum's halt fast immer geht. Um die Liebe. Oder genauer gesagt um die Liebe in Baiern. Also um den Bavarian Lover - und natürlich um die Bavarian Loverin. Weil: Ohne die geht gar nichts! Niemals! Weder hier, noch im Leben. Das weiß übrigens niemand besser als der Stenz.

Von: Thomas Grasberger

Stand: 01.10.2016 | Archiv

Den Stenz gibt es schon viel länger als den Monaco Franze. Der Stenz auf der Stanz, das ist die uralte Geschichte von der Zenz und vom Franz - vor dem Kammerfenster, und sonstwo - dortmals im alten Baiern. Und auch schon viel, viel früher. Und natürlich auch später ...

"Holz vor der Hütte"

Wiesn-Verkäuferin präsentiert ihre Herzl-Anstecker

Wie kann es sein, dass ein Volksstamm, der so etwas Wunderbares wie eine weibliche Brust mit Begriffen aus der Forst- und Landwirtschaft belegt mit Ausdrücken wie "Holz vor der Hütte" oder "Milchgeschirr", nicht längst ausgestorben ist? Oder anders gefragt: Was kann Erotik in einem Landstrich bedeuten, in dem ein BH gelegentlich als "Krickerlhalter" firmiert; als ein Gerät, das die sogenannten "Gaudi-"oder auch "Spielnockerl" im Zaum zu halten hat? Ein Landstrich also, in dem auch sonst offenbar sehr viel im Zaum gehalten werden musste und über Jahrhunderte hinweg alles, was sich südlich des Nabels und nördlich der Knie abspielte, als "Pfuibäh" oder – etwas erwachsener und theologisch-sachlicher formuliert – als "Unkeuschheit" verdammt wurde. Meist vergeblich freilich! Die Frage muss also lauten: Gibt es überhaupt eine bairische Erotik? Und wenn ja, warum (doch) nicht? Oder anders herum: Wenn nein, wie schaut sie (trotzdem) aus?

Wenn der Stenz auf der Stanz zum Fensterln geht ...

Stenz beim Fensterln

Denn allen erotischen missing links zum Trotz – irgendwas muss es ja gegeben haben, sonst wäre Altbaiern unbesiedelt geblieben; es gäbe also keinen bairischen Stamm, kein Bayern 2 und auch kein Bayerisches Feuilleton, das jenen Spuren nachgehen kann, die der brünftige Bavarian Lover einst bei seiner Suche nach einem Weibchen hinterlassen hat: in alten Gesetzbüchern (wie zum Beispiel der Lex Bajuvariorum), in der Literatur oder irgendwo in der Landschaft – in Form von umgefallenen Leitern infolge gescheiterter Kammerfensterl-Versuche. Denn der Stenz hat vor allem in Baiern seit jeher sein (Un-)Wesen getrieben und den Frauen auf mehr oder weniger charmante und einfühlsame Weise den Hof gemacht. Und zwar schon lange bevor Georg Queri "kraftbayrisch" jenen Burschen beschreibt, der gern anbandelt: "Auf die Stanz gehn, auf der Stanz sein: ans Kammerfenster gehn, aber auch zu irgendeinem andern Vergnügen gehn."

"'Stenz', maskulinum. Der Begriff stammt aus dem Rotwelschen und bezeichnet einen Stock oder einen Wanderstab. Also etwas, das von Hand zu Hand geht. Womit neben der Anspielung auf ein spezifisch männliches Körperteil auch die weitere Bedeutung im Sinne von erotischer Vagabondage metaphorisch schön umrissen ist. Der Stenz ist also ein Frauenheld und daher recht häufig auch ein Meister in der Kunst des Flirtens."

(Th. Grasberger)

Lange vor "Monaco Franze"

Um die einen oder anderen "Vergnügen" geht es also, wenn Thomas Grasberger die alles entscheidende Frage zu beantworten versucht: Wie war das seinerzeit mit der Zenz und dem Franz? Lange vor dem Monaco Franze und seinen Freunden…

Buchtipp:

"Stenz: Die Lust des Südens" von Thomas Grasberger

Stenz: Die Lust des Südens

  • Autor: Thomas Grasberger
  • Gebundene Ausgabe: 272 Seiten
  • Verlag: Diederichs (30. September 2013)
  • ISBN-10: 3424350877
  • ISBN-13: 978-3424350876

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