Bayern 2 - Bayerisches Feuilleton


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3) Der Metzger "Bayerische Berufungen und Instanzen"

Es sind die Metzger, die im Allgemeinen das Besondere erkennen und kunstvoll separieren. Metzger sind, wie viele Bayern, in ihrem Innersten Separatisten. Ähnlich wie Friseure, Zahnärzte oder Parteisekretäre nehmen sie darüber hinaus gesellschaftlich wichtige Vertrauenspositionen ein. Nur ein vertrauenswürdiger Metzger kann den Vormarsch von Vegetarismus und Veganismus noch stoppen.

Von: Thomas Kernert

Stand: 13.08.2016 | Archiv

"Die Frage 'Haben Sie ein Hirn?' kann einwandfrei nur der Metzger lösen." - Mit diesem Diktum wies Herbert Achternbusch schon vor Jahrzehnten auf die Ausnahmestellung des Metzgerberufes hin. Leider jedoch wurde es nicht gebührend zur Kenntnis genommen, weshalb sich seitdem viele Gehirnlose unbemerkt in Führungspositionen bringen konnten. Gerechter Ausgleich immerhin: Auch Metzgersöhnen glückten erstaunliche Karrieresprünge. Genannt seien pars pro toto: Franz Josef Strauß, Uli Hoeneß oder Johann Reichhart. Letzterer vollstreckte insgesamt 3165 Todesurteile (die meisten durch Enthauptung) und war damit der erfolgreichste Henker  Bayerns und Deutschlands.

Monotones Fließband-Schlachten im ganz großen Stil

Metzger zerteilen Fleisch am Zerlegeband

Dass der deutsche Fleischer bzw. bayerische Metzger heute nur noch selten ein dezidierter Schlachter bzw. Schlächter bzw. Töter im großen Stil ist, hat weniger etwas mit Ungeschicklichkeit als mit der EU zu tun. Deren verschärfte Hygiene-Verordnungen machen seit spätestens 2010 das Schlachten für Kleinbetriebe extrem unrentabel. Die Folge: Große, EU-normengerecht ausgestattete Schlachthäuser übernehmen das Geschäft des industriellen Massentötens. 10 Sekunden - und die Sau ist tot und zur Weiterverarbeitung auf der Rohrbahn und dem Zerlegeband frei gegeben. Dort stehen in langen Reihen an mehreren Fließbändern in mehreren Schichten 24 Stunden pro Tag die Zerleger, meist schlecht bezahlte Leiharbeiter aus den Weiten des europäischen Ostens, und zerkleinern die vorüber gleitenden  Schweineviertel, Schweinebäuche und Schinken mit den ewig gleichen Schnitten in die ewig gleichen Portionen. Kommentar eines Leiharbeit-Töters:

"Das ist so monoton, auch so körperlich anstrengend, im Grunde verblödet man dabei".

Will heißen: Normale Metzger töten heute kaum noch, sie verarbeiten vielmehr und verkaufen, machen also exakt das, was unzählige andere Menschen in unzähligen anderen Berufen auch machen: Verarbeiten und verkaufen.

Metzger sind, wie viele Bayern, in ihrem Innersten Separatisten

Der Metzger Ihres Vertrauens

Metzger zerteilen im Regelfall freilich lieber Tiere als Menschen. Dies jedoch nicht, weil sie Tiere hassen oder ein grobes Gemüt besitzen, sondern weil sie wissen, dass Teile bisweilen mehr ergeben als das Ganze. Es sind die Metzger, die aus animalischen Ganzheiten köstliche Einzelteile wie Schweinshaxen, Schnitzel, Weißwürste und Formfleisch kreieren. Es sind die Metzger, die im Allgemeinen das Besondere erkennen und kunstvoll separieren. Metzger sind, wie viele Bayern, in ihrem Innersten Separatisten. Ähnlich wie Friseure, Zahnärzte oder Parteisekretäre nehmen sie darüber hinaus gesellschaftlich wichtige Vertrauenspositionen ein. Nur ein vertrauenswürdiger Metzger kann den Vormarsch von Vegetarismus und Veganismus noch stoppen. Thomas Kernert ruft deshalb dem bayerischen Metzgermeister zu: Divide et impera! – Zerteile und herrsche!

Ohne Metzger geht es nicht ...

Schweinebraten mit Knödeln

Und so bleibt Bayern ein Land der Metzger. Auch wenn immer mehr ausländische Produzenten den heimischen Markt mit ihren Hamburgern, Salsicce, Chorizos und Sucuks entern, lässt man sich nicht beirren: Einen Krustenschweinebraten, ein Tellerfleisch, einen Bierschinken, einen Presssack kann man nach menschlichem Ermessen nicht toppen. Die einen sind Ergebnisse fachgerechten Zerteilens, die anderen Produkte kenntnisreichen Kombinierens. Beides macht den Metzger. Natürlich gibt es heute viele sehr interessante andere Berufe, vom Automatenfachmann bis zum Zapfanlagentechniker, ohne Metzger geht es trotzdem nicht. Zumindest nicht hierzulande, wo der moralische Rigorismus des Vegetarismus die Menschen noch nicht gänzlich in Herbivoren umgepolt hat.


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