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3) Josef Bretzel "Bayerische Charakterköpfe"

Josef Bretzel, 1886 in einfache Verhältnisse geboren, war von seiner Beografie her nichts Besonders. Er wuchs in der Kaiserzeit auf, musste wie Zehntausend andere seiner Generation in den Krieg ziehen, erlitt schwere Verletzungen. Zeit seines kurzen Lebens aber hat er Position bezogen, sich an Werten orientiert, die er für gut und richtig befand, auch wenn er damit gegen Konventionen verstieß. Kurz vor seinem Tod hat Josef Bretzel aufgeschrieben, was ihn bewegt hat. Ulrich Klenner porträtiert einen bayerischen Charakterkopf - und er schildert damit das Leben seines Großvaters.

Von: Ulrich Klenner

Stand: 14.08.2016 | Archiv

Josef Bretzel | Bild: Ulrich Klenner

1886, im Todesjahr König Ludwigs II., wurde er geboren, als das zwölfte und letzte Kind eines Schmiedemeisters im Württembergischen. Nur drei seiner Geschwister lernte er kennen - "die anderen sind schon ganz klein in die Ewigkeit eingegangen". Und auch er selbst musste früh sterben, an den Folgen einer Kriegsverletzung, 1928 war das, als er gerade 42 Jahre alt war.

"Wenn ich so an meinen Zustand denke: mit jedem Fetzchen meiner Lunge speie ich ein Stück meines Lebens in den Spucknapf Dann kommt eines der Meinen und schüttet einen Teil meines kostbaren Lebens in die Jauchegrube. Soll ich da ruhig zuschauen? Ich will es versuchen. Aber ich finde, es ist erbärmlich, dass man so langsam sterben soll. Ob dieser Prozess langsam oder schnell vor sich geht, es kommt auf das Selbe heraus, auch hier muss es heißen: wer ausharrt bis zum Ende, der wird selig werden. Ich habe mir solche Weltanschauung erkämpft und oft dabei viel gelitten, am Leib und auch an der Seele."

(Josef Bretzel)

Dokumente aus dem Leben des Josef Bretzel

"Nicht allzu lange währte unser Eheglück; noch waren wir kaum ein Jahr verheiratet, brach auch schon der Weltkrieg aus. 1. August 1914. Am vierten Mobilmachungstag musste ich mich schon in Neu-Ulm stellen. Mein Kind, unsere Berta, war damals noch ganz klein, und die Stunden, die ich noch daheim sein durfte, drückten schwer, und der Abschied war kein leichter. Sehr ungern ging ich fort."

(Josef Bretzel)

Er zog nicht gern in den Ersten Weltkrieg

"Ich habe meinen Großvater Josef Bretzel also nicht kennen lernen können, schließlich kam ich erst 27 Jahre nach seinem Tod zur Welt. Und dennoch war er für mich immer präsent. Zum einen wurde er lebendig in den Erzählungen meiner Mutter, zum anderen sprach er zu mir durch die Aufzeichnungen, die er auf dem Sterbelager gemacht hat. Großvater kam aus einfachen Verhältnissen und gehörte zeitlebens zu den sogenannten 'kleinen Leuten'. Aber er hatte stets die Courage, sich an den Werten zu orientieren, die er für gut und richtig erkannt hatte, auch wenn er damit die Konventionen verletzte. So heiratete er eine Witwe, die deutlich älter war, drei Kinder mit in die Ehe brachte und - was in den Augen seiner Verwandtschaft unverzeihlich war - einer anderen christlichen Konfession angehörte. Er zog nicht gern in den Ersten Weltkrieg, schloss sich 1918 den Arbeiter- und Soldatenräten an, war später überzeugter Sozialdemokrat und machte kein Hehl aus seiner Überzeugung: Wer Hitler wählt, wählt Krieg! Vor allem aber war er ein humorvoller, warmherziger Mensch - trotz der Leiden und Existenznöte, die seine Verwundung mit sich brachte." (Ulrich Klenner)

"Gesundheit ist nicht nötig zum Lebensglück, nur Liebe ist dazu nötig. Ohne Gesundheit kann man sich sehr glücklich fühlen, obwohl sie an sich ein kostbares Gut ist. Ohne Liebe aber kann kein Mensch, auch der reichste nicht, glücklich sein. Deshalb halte die Liebe fest für immer."

(Josef Bretzel)


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