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"Bravo" wird 65 Jugendzeitschrift und Aufklärungsblatt

Heißbegehrt auf dem Schulhof, heimlich gelesen unter der Bettdecke: Für viele Jugendliche der 70er und 80er Jahre war die "Bravo" treuer Begleiter. Ein Rückblick auf Starschnitte, Schallfolien und Dr. Sommer.

Stand: 25.08.2021

Junge Frau liest in einer Bravo | Bild: picture-alliance/dpa

Am 26. August 1956 erschien die erste "Bravo" am Kiosk: 50 Pfennig kostete das 40 Seiten starke Heft mit Marilyn Monroe auf dem Titelbild. In einer Ära, in der Mädchen noch "Backfische" und Jungen "Halbstarke" hießen, entwickelte sich die Zeitschrift schnell zum heiß begehrten - weil oft einzigen - Zugang zu den Stars und Sternchen der Popkultur.

Starschnitte - Star-Poster zum Sammeln in der Bravo

Die erste Ausgabe der "Bravo"

Die "Bravo" brachte die Megastars in die Kinderzimmer: 34 Mal schaffte es Elvis aufs Cover, ganze 40 Ausgaben mussten die Leser für einen Beatles-Starschnitt sammeln. Starschnitt-"König" war Winnetou-Darsteller Pierre Brice, ihn konnte man drei Mal zusammen sammeln. 1966 wurde außerdem erstmals der "Bravo-Otto" vergeben. Michael Jackson und Bon Jovi gewannen diese Trophäe 13 Mal, Pierre Brice 12 Mal. Eine Besonderheit waren die Schallfolien, die ab und an den Heften beilagen und wie normale Schallplatten mit dem Plattenspieler abgespielt werden konnten. In kurzen Anspielern war darauf meist Werbung für das neue Album oder die Tournee einer Band zu hören.

Hype um Take That

Die "Bravo" hatte es sich immer auf die Fahnen geschrieben, Stars "selbst zu machen". DIE Boyband der 90er Jahre rund um Robbie Williams und Gary Barlow wurde in Deutschland vom Redaktionsteam aufgebaut. Die ersten Storys und Bilder von und über Take That gab es zunächst exklusiv im Heft, wie der ehemalige Chefredakteur Alex Gernandt sagt.

"Als Dankeschön sind sie 1992 bei unserer Weihnachtsfeier aufgetreten."

Alex Gernandt, ehemaliger Chefredakteur

Bienen und Blümchen? Nicht in der "Bravo"!

So kam der Sex in die Bravo

Der Starkult war das eine - das Thema Liebe und Sex das andere. Ganze Jugendgenerationen hat die Zeitschrift aufgeklärt, wenn auch zu Beginn noch recht zaghaft. So beschäftigte sich die 1962 gestartete Serie "Knigge für Verliebte" mit den "verwirrenden Problemen des Herzens", zehn Jahre später bebilderten Foto-Love-Storys Themen wie den ersten Kuss.

Wesentlich deutlicher zur Sache ging es dann in der Hippie-Ära: In der Sprechstunde bei Dr. Sommer konnten die Leserinnen und Leser ab 1969 Fragen rund um die Pubertät stellen. Ein echter Aufreger damals, der auch schon mal die Jugendschützer auf den Plan rief. Den "Doktor" gab es übrigens wirklich, hinter dem Synonym steckte der Psychotherapeut Martin Goldstein (✝). Im Laufe der Zeit übernahm diese Aufgabe ein ganzes Team, das bis heute rund 300 Anfragen pro Woche erhält.

Die "Bravo" - heute und damals

Wusste immer einen Rat: Dr. Sommer alias Dr. Goldstein

Die Zuschriften haben sich in sechs Jahrzehnten nur geringfügig geändert. Es sind die großen Fragen der Pubertät: Bin ich normal? Kann man vom Petting schwanger werden? Ist mein Penis zu klein? Sind meine Brüste zu groß? Geändert haben sich die Themenwelten, viele fielen weg, neue kamen hinzu. So waren Nacktselfies und Sexting vor fünfzehn Jahren noch kein Thema.

Über 2,68 Milliarden Mal hat sich die "Bravo" bisher verkauft. Doch das Internet sorgt für starke Konkurrenz. Die heutigen Stars kommunizieren über soziale Netzwerke und Apps mit ihren Fans, Ratschläge lassen sich blitzschnell ergooglen. So ist die "Bravo" heute selbstverständlich selbst im Netz unterwegs, - und deshalb findet die Sprechstunde bei Dr. Sommer nun auch bei YouTube statt.

Die Auflage der gedruckten "Bravo" liegt aktuell bei 83.000, so die Deutsche Presseagentur (dpa). Auf Instagram hat "Bravo" nach Angaben des Verlags mehr als 579.000 Follower, auf Tiktok mehr als 270.000.


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