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Mossul-Offensive gestartet Angst vor der Schlacht - und der Zeit danach

Der Vorstoß der Anti-Terror-Allianz kommt schneller voran als gedacht. Doch die Schlacht um die irakische IS-Hochburg Mossul könnte lange dauern, viele Menschenleben kosten und eine neue Flüchtlingswelle auslösen.

Stand: 18.10.2016

"Die Zeit des Sieges" sei gekommen, so verkündet es am Montagmorgen Iraks Ministerpräsident Haider al-Abadi. 24 Stunden später scheint sich seine Aussage zu bestätigen. Die beteiligten Streitkräfte kommen laut Angaben aus Washington schneller voran als geplant. Erste Anzeichen deuteten darauf hin, dass die irakischen Soldaten "bislang ihre Ziele erreicht haben und am ersten Tag vor dem Zeitplan waren".

Zugleich sagte der Ministeriumssprecher, dass es sich bei dem Einsatz um eine "schwierige" und langwierige Mission handle, die einige Zeit dauern werde. Schon kurz nach Beginn der Großoffensive hatte ein US-General erklärt, die Rückeroberung von Mossul werde Wochen oder "womöglich länger" dauern. Die Befreiung der Stadt Falludscha dauerte einen Monat; doch Falludscha hatte nur 50.000 Einwohner, Mossul mindestens 700.000.

Was in Mossul passiert

Mossul im Norden des Irak

Die Dschihadisten des IS hatten Mossul im Sommer 2014 in einer Blitzoffensive erobert, ohne dass die irakische Armee nennenswerten Widerstand leistete. Die nun gestartete Großoffensive ist der bisher größte Militäreinsatz gegen die Dschihadisten im Irak. In den vergangenen zwei Wochen sind in der Gegend um Mossul mehr als 50 Luftangriffe geflogen worden. Östlich und westlich der Stadt haben laut Militärangaben irakische Bodentruppen Stellung bezogen. Die Terrormiliz geht wie in vielen anderen Städten vor: Tunnel werden gegraben, Sprengfallen gelegt, Gräben um die Stadt gezogen.

Allianz mit Bruchstellen

Panzerfahrzeug der Peschmerga

Noch 2014 hatte US-Präsident Barack Obama ein neues Engagement der USA im Irak abgelehnt. Jetzt gehören zur Allianz gegen den IS neben irakischen Regierungstruppen und kurdischen Peschmerga auch US-Kampfflieger. Zudem helfen die USA - wie auch Deutschland - bei der Schulung und Bewaffnung der Kämpfer.

Auch die Türkei hat nahe Mossul Soldaten stationiert - gegen den Willen der irakischen Regierung, die den Abzug der türkischen Soldaten forderte. Doch Präsident Recep Tayyip Erdogan will seinen Einfluss in der Region wahren und besteht darauf, dass die Türkei an dem Militäreinsatz beteiligt wird. Auch die vom Iran unterstützten schiitischen Milizen wollen mitmischen. Die Rivalitäten dürften sich verschärfen, wenn die IS-Hochburg fallen sollte.

Furcht vor neuer humanitärer Katastrophe

Wie viele Menschen noch genau in Mossul leben, ist unbekannt. Die Schätzungen gehen von 700.000 bis 1,5 Millionen Bewohnern aus - davon 500.000 Minderjährige, so das UN-Kinderhilfswerk Unicef. Das Rote Kreuz hat von den Konfliktparteien im Irak den unbedingten Schutz von Zivilisten beim Kampf um Mossul verlangt. Die Parteien dürften keine zivilen Ziele wie Krankenhäuser beschießen und müssten der Bevölkerung freies Geleit aus der nordirakischen Stadt gewähren. Ob die Kriegsparteien diese Regeln akzeptieren, ist mehr als unsicher. Denn die Kämpfer des IS, die ihre letzte Hochburg um jeden Preis halten wollen, versuchen, die Bevölkerung in der Stadt zu halten, um sie gegebenenfalls als Schutzschild benutzen zu können. Auch bei der ungleichen Allianz gegen den Terror ist unklar, ob sie sich auf ein gemeinsames Vorgehen verständigen wird.

Die UNO rechnet mit Hunderttausenden Flüchtlingen. Nach Einschätzung von World Vision könnten bis zu einer Million Menschen zu Flüchtlingen werden. Auch im relativ stabilen Kurdengebiet im Nordirak könne sich die Versorgungslage verschlechtern.

Enorme Truppenstärke nötig

Insgesamt sollen an der Offensive 30.000 Mann beteiligt sein, unter anderem Soldaten und Polizisten der irakischen Regierung, Kämpfer sunnitischer Stämme und der kurdischen Peschmerga. Unterstützung erhalten die Einheiten durch US-Luftangriffe und Elitesoldaten am Boden. Damit will die Allianz versuchen, die zweitgrößte Stadt im Irak zurückzuerobern. In Mossul selbst sollen sich nach Schätzungen mindestens 4.000 Kämpfer des IS aufhalten.

Von der Leyen: Es wird lange dauern

Für die Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ist Mossul die wichtigste IS-Hochburg, mit der vor zwei Jahren alles begann. Bei der Bundeswehrtagung in Berlin sagte die Ministerin, die Rückeroberung der zweitgrößten irakischen Stadt sei lange und gut vorbereitet worden. Deutschland habe, wie andere Partnerländer auch, viel in die Ausbildung der kurdischen Peschmerga gesteckt.

"Wir haben ihnen MILAN-Raketen geliefert, die sie in die Lage versetzt haben, erfolgreich die rollenden Autobomben des so genannten Islamischen Staates auf Distanz zu halten. Wir haben die Peschmerga im Häuserkampf trainiert und bei der Entschärfung von Minenfallen."

Verteidigungsministerin von der Leyen


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Kommentieren

as, Dienstag, 18.Oktober 2016, 15:32 Uhr

2. Immer schön neue Waffen liefern

und immer neue Kriegsgebiete miterschließen. Wohin sollen die Menschen aus diesem neuen Kriegsgebiet denn jetzt wieder fliehen? Hat da unsere REgierung auch einen Plan? Wer versorgt dann diese Flüchtlingslager?
Der IS wird sich dann halt woanders formieren.

  • Antwort von BR-Fan, Dienstag, 18.Oktober, 16:58 Uhr

    @as

    "Immer schön neue Waffen liefern"

    Und immer nur solche die, die Richtigen treffen
    Also die mit chirurgischer Präzision treffen.

    Wen interessieren schon die zivilen Opfer?
    Was gehen uns die Flüchtlingslager an?

    Satire aus

seppl, Dienstag, 18.Oktober 2016, 13:45 Uhr

1.

Und während der langen Ankündigungszeit sind vermutlich viele IS-Kämpfer entkommen.

  • Antwort von Erich, Dienstag, 18.Oktober, 14:54 Uhr

    Keine Sorge Seppl,
    die kommen alle zu uns und werden anerkannte Flüchtlinge bei Vollversorgung auf Lebenszeit.

  • Antwort von Frank B., Dienstag, 18.Oktober, 15:00 Uhr

    @Seppl
    Entkommen?
    laut "Wochenblatt Landshut vom 12.10.2016," IS Folterknecht in Landshut?, ist einer durch sein mißhandeltes Opfer identifiziert worden, da zu diesem Zeitpunkt sein Handy und der Computer sauber sind, wurde er wieder entlassen. Rechte der Täter ist wichtiger als Opferschutz. Bzw. dieser Schläfer macht es richtig und hält sich ruhig, die Zeit wird es zeigen ob was passiert. Und wo ist der Schutz der Bevölkerung? Bei uns fehlen mehr als 60 Polizeibeamte und die S. obwohl von seinem Opfer zu 100% identifiziert läuft frei herum.

  • Antwort von hasan, Dienstag, 18.Oktober, 16:58 Uhr

    @Erich, Erich: Du armer - musst nicht immer soviel Angst vor allen Menschen haben. Ist alles nicht so schlimm.
    Musst deine Angst auch nicht jedem sofort mitteilen.

    @Frank: Ja, so ist es bei uns nach dem Krieg auch vielen Opfern ergangen, als sie plötzlich ihren untergetauchten Nazipeinigern gegenüberstanden.
    Viele von diesen Mördern wurden nämlich verschont, gedeckt und konnten ungehindert ein neues Leben, sogar in der Politik, anfangen. Leider ersehnen, was null nachvollziehbar und auch nicht tolerierbar ist, wieder so mancher vom Pack der Pöbler dieser Zeit nach.
    Ich wünsche dem kurdischen Opfer, der ja Journalist ist, dass er Beweise findet und die Wahrheit ans Licht bringt.