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Freeride-Paradies Alaska "Das waren die besten Runs meines Lebens"

Die Freeride Word Tour hat dieses Jahr wieder Station in Alaska gemacht. Nicht erst seitdem würden Ski- und Snowboardfans viel dafür geben einmal da zu riden, wo sonst nur die Pro's shooten. Aber geht Alaska auch für den Normalo?

Von: Katharina Kestler

Stand: 22.03.2016 | Archiv

Szene aus dem Skifilm Passenger | Bild: Legs of Steel

Jedes Freeski- und Snowboardmovie, das was auf sich hält, braucht ein Alaska-Segment. Viele Profis behaupten Alaska ist das Non Plus Ultra und auch die Freeride World Tour hat dieses Jahr schon zum zweiten Mal Station in Alaska gemacht. Grund genug, dass auch wir Normalskifahrer langsam das Gefühl kriegen, da unbedingt einmal gewesen sein zu müssen. Aber taugt Alaska auch für den Normalo? PULS Playground hat mit Ski-Journalist Philipp Radtke telefoniert, der gerade selbst zum ersten Mal in Alaska ist.

PULS Playground: Wenn man sich Ski- und Snowboard-Movies anschaut oder den Freeride World Tour Contest in Haines, bekommt man den Eindruck, Alaska ist weltweit der allerbeste Platz zum Skifahren. Du bist gerade dort und musst es wissen: Ist es wirklich so gut?

Philipp Radtke gibt das Ski-Magazin Königslinie heraus.

Philipp Radtke: Ich bin schon ein bisschen herum gekommen, aber das hier ist tatsächlich das Beste, was ich je gefahren bin. Es macht einen echt fertig. Dein Hirn kann nicht verarbeiten, was du hier erlebst. Ich hatte schon ähnliche Runs in den Alpen – vielleicht einen in zwei Jahren – und ich fahre viel Ski. Nach so einem Run würdest du normalerweise alle Viere von dir strecken und mit einem Grinsen im Gesicht den restlichen Tag in der Sonne auf irgendeiner Hütte verbringen. Aber hier kommst du unten an, der Hubschrauber wartet, du springst rein, es geht hoch und der nächste geile Run kommt. Am Tag gibt es fünf, sechs, sieben Runs, wovon einer unfassbarer ist, als der andere. Das ist einfach Irrsinn. Nach drei Tagen wird man fast arrogant und sagt, naja, da war jetzt ein kurzes Stück, da war der Pulver nicht ganz so gut. Es ist jenseits von dem, wie ich mir das jemals vorgestellt habe, wie gut das sein könnte.

Dir ist aber schon klar, dass du wieder zurück musst?

Ja, das passt auch. Am zweiten Tag dachte ich, ich werde nie mehr irgendwo anders Skifahren können. Aber ich freue mich auch schon wieder auf mein kleines Haus-Skigebiet in Tirol, wo ich meine 500 Höhenmeter Runs durch den Wald zurücklege – fünf, sechs, sieben, auch zehn Runden am Tag. Hier ist es zu krass. Ich pack' das nicht. Nicht weil ich Angst habe oder weil es mir Sorgen macht – ich fühle mich echt sicher hier – sondern einfach weil es einfach nicht zu fassen ist. Auf Dauer würde ich wahrscheinlich verrückt werden. Man muss aber auch dazu sagen, wir hatten extremes Glück hier. Wenn man denen hier glauben darf der Amerikaner neigt ja nicht gerade zu übertriebener Bescheidenheit ist das hier der beste Winter seit zehn Jahren.

Wie muss man sich das denn vorstellen – was sind die Unterschiede wenn man zum Beispiel an Skigebiete in Tirol wie Kaltenbach oder Hochfügen denkt? 

Man hat hier Abfahrten mit 1400 Höhenmetern, da gibt es kein Hindernis, keine nennenswerte Lawinengefahr – unglaublich steiles Gelände und wahnsinnig guten Schnee. Es gibt ja einen Grund warum die hier ihre Filme drehen: Hier ist die Schneedecke so stabil und die Schneequalität so gut, dass du so steiles Gelände fahren kannst – das geht in den Alpen nie oder nur an ganz wenigen Tagen im Jahr, ohne dass der ganze Hang abgeht. Noch dazu die Landschaft – eine Szenerie, die einem wirklich den Atem nimmt. Man sieht bis zum Horizont hohe Berge und Gletscher, keine Straßen, keine Ortschaften. Und wir haben Buckelwale, Robben, Elche und Weißkopfseeadler gesehen.

Du sagst steiles Gelände – in den Filmen sieht es auch immer so aus, als könnte da ein durchschnittlich guter Freerider niemals fahren. Geht das oder ist Alaska nur was für den Pro?

Das geht absolut, es gibt hier auch entspanntes Gelände – einfaches Gletscher-Cruisen wie am Stubaier Gletscher. Das ist selbst für Anfänger machbar und es fahren hier auch einige Anfänger oder mäßig gute Skifahrer. Und dann gibt es noch das extreme Gelände, wo auch kaum jemand fährt. Die Guides nennen es die "Film Lines", da sind dann die großen Filmproduktionen und das ist wirklich extremes Gelände, mit Felsen und den Spines – diesen Schneerippen, wie man sie aus den Filmen kennt. Man hat dann auch Sluff wie im Film, diese Lockerschneerutsche, die man in Griff kriegen muss. Dazwischen gibt es wirklich alles – von 30 Grad Gletscher Hängen, endlos weit und endlos lang, bis zu spannendem, kupiertem Gelände, wo es ein bisschen steiler wird. 

Man fliegt alles mit dem Heli, es gibt keinen Lift – was kostet so ein Urlaub?

Ja, das ist eine teure Gaudi. Die Anreise ist nicht so einfach, man fliegt entweder nach Whitehorse oder nach Juneau, fährt dann mit dem Auto oder mit der Fähre hier her. Das Leben hier ist sehr teuer – wir kochen zwar selber, aber allein das Einkaufen in den Supermärkten macht wenig Spaß, weil es das zwei- bis zweieinhalbfache kostet, wie bei uns daheim. Und dann natürlich das Fliegen: für eine Hubschrauberstunde für vier Leute inklusive Guide kann man insgesamt mit ungefähr 5000 Dollar rechnen.

Wir haben die Alpen vor der Haustür – ist da nach Alaska fliegen, viel Geld ausgeben, Co2 in die Luft blasen in dem Land, das den Klimawandel schon jetzt am stärksten spürt, nicht ein bisschen – Entschuldigung – krank?

Selbstverständlich. Uns hat der Mann an der Einreise in die USA gefragt, ob es nicht verrückt wäre, hier nur zum Skifahren herzukommen. Ja. es ist völlig verrückt. Da muss man schon sehr angefixt sein vom Skifahren. Der Umweltgedanke ist sicherlich auch ein Thema. Wobei ich gar nicht glaube, dass das Helikopter-Fliegen das Hauptproblem ist, sondern viel mehr die Anreise einmal quer um die Welt. Das ist tatsächlich bedenklich, muss man ganz klar sagen.

Glaubst du, dass Alaska als Reiseziel irgendwann mal auch für den Normalo kommt – trotz der Kosten, der Anreise und so weiter?

Das ist echt schwer zu beurteilen. Wer sich solche Ski- und Snowboard-Filme anschaut, ist ja schon nicht mehr Normalo. Wir sind hier im Haus zusammen mit Schweden, mit Österreichern also es sind hier schon auch jede Menge Europäer hier. Massentourismus wird es sicherlich nicht, allein weil die Kapazitäten nicht reichen. Es gibt ein paar Hubschrauber und die können eine gewisse Menge an Gruppen den Berg hochbringen und mehr geht dann einfach nicht.


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