Aktivisten von Women on Waves "Jede Frau hat das Recht auf eine sichere Abtreibung"

Im kleinen polnischen Ort Slubice, direkt hinter der deutschen Grenze, bekommen die Menschen am Samstag Post: Eine Drohne wird von Frankfurt an der Oder aus starten und über Slubice Päckchen mit Abtreibungspillen abwerfen. Hinter der Aktion stehen die Frauenrechtsaktivisten von Women on Waves. Sie wollen darauf aufmerksam machen, dass Polen eines der wenigen Länder der EU ist, in dem Abtreibung immer noch verboten ist. Aber was kann so eine Aktion bewirken? Darüber haben wir mit Rebecca Gomperts von Women on Waves gesprochen,

PULS: Rebecca, glaubst du, dass die Sache mit der Drohne funktionieren wird?

Rebecca: Ich denke, ja. Wenn wir nicht dran glauben, sollten wir sie nicht losschicken, oder?

Wie genau wird die Aktion ablaufen? Gibt es Leute, die auf eure Pillenpakete warten?

Ja, es werden Frauen da sein, die auf die Pillen warten. Und sie werden sie einnehmen.

 Wie ist die rechtliche Situation in Polen in Sachen Abtreibung?

Abtreibung ist in Polen nur erlaubt, wenn das Leben der Frau in Gefahr ist. Und de facto lehnen es viele Ärzte sogar dann noch ab, Abtreibungen durchzuführen. Abtreibungspillen, wie wir sie mit der Drohne nach Polen fliegen, sind in Polen nicht erlaubt. Die Pillen stehen aber auf der Liste der unverzichtbaren Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation. Das heißt, dass die WHO sie für die Gesundheit von Frauen als unverzichtbar ansieht. Aber selbst in den erlaubten Fällen von Abtreibung - wenn also das eigene Leben in Gefahr ist - können die Frauen die Abtreibungspillen nicht bekommen. Offiziell finden in Polen jedes Jahr nur 744 Abtreibungen statt. Die WHO schätzt aber, dass es in Wirklichkeit 50.000 bis 100.000 sind - sie passieren also illegal.

Ihr wollt ein paar hundert Tabletten abwerfen. Ist das mehr als ein symbolischer Akt?

Bis sich die Situation wirklich ändert, muss viel passieren. Wir wollen ein Bewusstsein für die Situation schaffen und langfristig einen gesellschaftlichen Wandel herbeiführen. Auch wenn wir jetzt nur ein paar Frauen direkt erreichen, werden die anderen durch unsere Kampagne erfahren, dass man auch mit Pillen abtreiben kann - und es gibt viele Wege, an Abtreibungspillen ranzukommen. So wollen wir dafür sorgen, dass die Zahl der illegalen Abtreibungen zurückgeht und die Frauen mit den Pillen selbst eine sichere Abtreibung vornehmen können.

Wo sind die Women on Waves überall aktiv?

Uns gibt es jetzt seit etwa 15 Jahren. Wir nutzen alle Wege und Technologien, um sicherzustellen, dass Frauen die Möglichkeit zu einer sicheren, medizinisch betreuten Abtreibung bekommen. Wir haben zum Beispiel in der ganzen Welt Hotlines eingerichtet, über die Frauen Informationen für ihr Land erhalten. Denn jede Frau hat das Recht auf eine legale und sichere Abtreibung.