Dürreauswirkungen in Südafrika Nach jedem Klogang spülen ist nicht mehr drin

Kapstadt geht nach einer Dürre das Wasser aus: Seit Monaten wird spekuliert, wann der "Day Zero" kommt, also der Tag, an dem privaten Haushalten der Wasserhahn abgedreht wird. Aktuell ist bei 50 Litern pro Tag und Kopf Schluss.

Von: Jasmin Brock

Stand: 22.02.2018 | Archiv

Südafrika | Bild: BR

"50 Liter sind überhaupt nicht viel", sagt die 25-Jährige Hannah aus München. Sie ist immer mal wieder für eine längere Zeit in Kapstadt, der Metropole in Südafrika, in der fast vier Millionen Menschen leben. Wegen einer extremen Dürre muss dort gerade sehr viel Wasser gespart werden. Jeder Haushalt darf nur noch 50 Liter pro Tag verbrauchen - und die sind schneller weg, als man denkt: Duschen (ohne Haarewaschen), einmal auf's Klo gehen, Hände- und Gesicht waschen, Zähne putzen, kochen und anschließend Geschirr spülen - das war's.

Wäsche waschen, Haustiere und Pflanzen versorgen, Tee trinken, nach jedem Klogang spülen - alles nicht mehr drin. Zum Vergleich: In Deutschland verbraucht jeder von uns im Schnitt etwa 120 Liter Wasser pro Tag. Kapstadt stellt online einen Wasserrechner zur Verfügung, um ein Gefühl für die 50 Liter zu bekommen. Hinweise wie "If it's yellow let it mellow" (was sich spätestens bei der Vervollständigung mit "if it's brown flush it down" selbst erklären dürfte), mögen etwas skurril klingen, sind aber wichtig.

Eine wichtige Strategie in Kapstadt ist es, Wasser mehrmals zu benutzen. Und: schnell sein. "Beim Duschen verbraucht man hier bestenfalls so 10 bis 20 Liter Wasser", erzählt Hannah. "Also duscht man super schnell. Reinspringen, Wasser kurz laufen lassen, Wasser aus, einshampoonieren, Wasser wieder an, zwei Minuten, fertig". Denn bei den 20 Litern bleibt es nur, wenn man nach zwei Minuten den Hahn wieder zudreht. Damit die Menschen keine Stoppuhr mit unter die Dusche nehmen müssen, hat sich die große südafrikanische Versicherungsgesellschaft Sanlam eine besondere Kampagne ausgedacht: Duschsongs. Sanlam hat etliche südafrikanische Acts angehauen, ihre bekanntesten Tracks auf zwei Minuten runterzukürzen. Endet der Song, sollte das gleiche für die Dusche gelten. Der kurzgefasste Waschsoundtrack reicht von souligem House aus Johannesburg  ("Mi Casa – Nana") bis rockigem Indie von Desmond & The Tutus ("Teenagers").

Hannah aus München

Wer es schafft, sogar noch unter den 50 Litern am Tag zu bleiben, füllt den Rest in Kanister aus Plastik. Schließlich weiß man nicht, ob und wann genau der sogenannte "Day Zero", oder Tag X, wie Hannah ihn nennt, genau kommt. An diesem Tag werden die privaten Wasserleitungen gesperrt. Ab dann müssen die Bewohner und Bewohnerinnen von Kapstadt ihre Kanister an öffentlichen Wasserstellen befüllen, weiter runterationiert auf 25 Liter. Erst hieß es, Day Zero würde im Frühling liegen, dank des Wassersparens hat sich der geschätzte Zeitpunkt in den Sommer verschoben, letzten Berichten zufolge auf den 9. Juli. Trotzdem: Hannah betont, dass deswegen das Leben nicht still steht. Berichte über ausverkaufte Kanister kann sie nicht bestätigen.

Die Temperaturen in Kapstadt bewegen sich im Moment zwischen 20 und 30 Grad Celsius. Letzte Woche hat es mal wieder geregnet. Ein  kleines Event, berichtet Hannah: "Meine Instagram-Story war voll mit Leuten, die den Regen gefilmt haben und sich gefreut haben. Die Leute haben ihre Kanister geholt und versucht, das Regenwasser so gut wie möglich zu nutzen". Der Regen ist drastisch weniger geworden in den letzten Jahren, das ist das Kernproblem. Normalerweise bezieht Kapstadt sein Wasser nämlich aus Stauseen, die vor allem durch die Regenfälle in den Wintermonaten gefüllt werden.

Die aktuelle Dürre ist die schlimmste seit 100 Jahren. Manche sagen, ganz unvorhersehbar sei das nicht gewesen.

"Es ist schwierig zu sagen, die oder der ist schuld. Ich kann nur berichten, was viele Leute von hier sagen: Dass die Regierung mitverantwortlich ist, weil es zum Beispiel schon vor 10 Jahren Wissenschaftler gab, die prophezeit haben, dass das Wasser knapp werden wird. Die Regierung habe also zu lange nichts gemacht. Ich erinnere mich, letztes Jahr gab es aus Hilflosigkeit einen Zeitungsartikel, der veröffentlicht hat, welche Grundstücke am meisten Wasser verbrauchen. Wo man nachgucken konnte, ob die eigenen Nachbarn dabei sind. Sowas löst meiner Meinung nach das Problem überhaupt nicht."

Hannah aus  München, aktuell in Kapstadt

Anfang März fliegt Hannah zurück nach München. Schon seitdem sie das erste Mal in Südafrika war, hat sich ihr Blick auf ihren eigenen Wasserverbrauch geändert:

"Dass immer Wasser aus dem Hahn kommt, das ist vielleicht bei uns normal, aber nicht überall auf der Welt. Das ist mir extrem bewusst geworden. Daheim habe ich es zum Beispiel total wertgeschätzt, ein Bad zu nehmen."

Hannah aus  München, aktuell in Kapstadt

In eine Badewanne passen locker 100 bis 150 Liter. In Kapstadt ist das aktuell ein richtiges No-Go.

Sendung: Filter, 22.02.2018 - ab 15.00 Uhr