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TV & Serie // Westworld Die Robo-Revolution

1973 brachte der Film "Westworld" eine finstere Dystopie über einen Roboter-Vergnügungspark in die Kinos. Das TV-Remake zeigt jetzt: Nicht die Roboter sind das Problem – sondern die Menschen.

Von: Vanessa Schneider

Stand: 11.10.2016 | Archiv

TV & Serie  // Westworld: Die Robo-Revolution | Bild: HBO

Wie würdet ihr euch verhalten, wenn ihr Urlaub machen könntet, in einer Fantasiewelt, in der nichts, was ihr tut, Konsequenzen hat? Würdet ihr Helden sein wollen – oder die fiesesten Schurken? Im Vergnügungspark Westworld ist alles möglich. Und nichts real.

Die Bewohner von Westworld sind keine Menschen, sondern absolut realistische Androiden. Und sie sind allein dazu da, die Besucher – genannt "Newcomer" - zu bespaßen. Alles was sie sagen und tun wurde von Autoren gescripted und einprogrammiert: Ihre Aufgaben, ihre Rollen, ihre Dialoge. So läuft alles reibungslos und vorhersehbar ab. Trotzdem ist die Westernstadt kein friedliches Paradies. Denn die Menschen, die hier Urlaub machen, wollen hemmungslos ihre schlimmsten Abgründe und perversen Fantasien ausleben.

Bankräuber fangen und Held spielen, aber auch Morde begehen und vergewaltigen – alles ist in Westworld erlaubt, weil es eh nur die Roboter trifft. Nicht die Freiheit in eine andere Rolle zu schlüpfen – sondern die Freiheit ohne Folgen böse zu sein, das lockt die Besucher in diesen Vergnügungspark. 

Nicht die Roboter sind das Problem

In der Serie Westworld sind nicht die Menschen Hauptdarsteller, sondern die Roboter. Immer und immer wieder durchleben die Roboter die Handlung, die ihnen auf den Leib geschrieben wurde – ohne ihr Schicksal zu ahnen. Dass das so bleibt, überprüft unablässig ihr Schöpfer Dr. Robert Ford, gespielt von Anthony Hopkins. Mit Updates lässt er seine Maschinen immer menschlicher wirken - und nimmt in Kauf, dass sie ein Bewusstsein entwickeln. Nur kommt mit dem Bewusstsein natürlich auch die Rache. Anders als im Filmoriginal von 1973 sind's jetzt aber nicht die Roboter, die die Grenzen überschreiten, sondern die Menschen.

Wie ein Game in Serienform

Die Serie Westworld zu gucken, ist wie ein richtig spannendes Let's Play von einem riesigen Online-Rollenspiel zu beobachten: Die Roboter sind die nicht-spielbaren Charaktere (NPC), die im Game den Verlauf der Story leiten. Zusammen mit den Spielern entsteht so ein sehr flexibles, aber engmaschiges Handlungsnetz, das sich an die Spieler und seine unberechenbaren Entscheidungen anpasst. Die Serie thematisiert das sogar, als es darum geht, ein paar Maschinenmenschen aus dem Verkehr zu ziehen – und damit den Spielverlauf komplett zu verändern: "We sell complete immersion in a hundred interconnected narratives, a relentless fucking experience. You pull one character, the overall story adjusts. You pull two hundred at once, and it's a fucking disaster."

Das allein ist super komplex und super spannend. Aber Westworld wird sogar noch interessanter, denn die Serie bringt auch noch eine moralische Komponente ins Spiel und fragt: Was werden Menschen tun, wenn ihre virtuellen Taten – und all die Grausamkeiten die sie begehen - auf einmal doch Konsequenzen haben? Wenn die Spielwelt von der echten Welt nicht mehr unterscheidbar ist? Das sind Fragen, die wir uns jetzt stellen müssen. Und Stoff für so einige Abschlussarbeiten an der Uni.

Wenn Westworld nach den ersten paar Folgen so weitergeht, hat die Serie das Potenzial zu einem echten Meilenstein.

“Westworld” läuft ab jetzt wöchentlich parallel zur US-Ausstrahlung im englischen Original bei SkyGo und Sky Online und am 22.10.2016 um 18.00 Uhr beim Seriencamp Festival in München.

Die Filmvorlage “Westworld” von 1973 gibt's bis jetzt nur auf DVD und Blu-Ray.


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