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TV & Serie // "3%" Das Assessmentcenter des Lebens

Statt sich mit 20 auf den ersten Job zu bewerben, müssen sich die Leute in der dystopischen Serie "3%" durch das härteste Auswahlverfahren der Welt kämpfen - für die Chance auf ein besseres Leben.

Von: Vanessa Schneider

Stand: 16.11.2016 | Archiv

Kinder rennen durch die Straßen, Gelächter tönt aus den provisorischen Hütten und die Menschen tragen farbenfrohe Lumpen an den Körpern. Hier auf dem Festland an der brasilianischen Küste lebt der größte Teil der Gesellschaft, ganze 97%, abgehängt und verarmt. Sie alle hoffen, dass es ihren Kindern einmal besser gehen wird. Deshalb schicken diese 97% jedes Jahr alle Zwanzigjährigen zum sogenannten "Process", einem erbarmungslosen Auswahlverfahren, das nur den besten drei Prozent ein besseres Leben auf der paradiesischen, reichen und fortschrittlichen Insel "The Offshore" garantiert.

Willkommen zum Assessmentcenter des Lebens

Für den "Process" spielt es keine Rolle, ob ein Kandidat, wie Fernando, im Rollstuhl sitzt oder trainiert ist, wie die Einzelgängerin Joana. Alles was zählt ist Leistung – wie die bewertet wird, weiß aber nur der "Process-Leader" Ezequiel. Seine Tests entscheiden über Leben und Tod. Die erste Hürde ist ein hartes und willkürliches Bewerbungsgespräch, in dem die Kandidaten Logikaufgaben lösen und ihre Integrität beweisen müssen. Sie müssen sich Anschuldigungen und Beleidigungen gefallen lassen und auf all das souverän und gelassen reagieren. Wer das nicht packt, schafft es nicht in die nächste Runde. Der "Process" ist ein Assessmentcenter aus den schlimmsten Alpträumen – aber keiner weiß wofür eigentlich.

Widerstand gegen den Mythos vom besseren Leben

Auf dem Festland formiert sich gegen die extreme Ungleichheit eine Widerstandsbewegung: "The Cause". Dazu gehört auch Michele, diel ihren Bruder rächen will, den der "Process-Leader" Ezequiel vor Jahren umgebracht haben soll. "The Cause" will das ungerechte System zerstören, damit jeder eine Chance auf ein besseres Leben hat. Sehr viel mehr über den Widerstand oder das Leben auf dem Festland verrät die Serie leider nicht. Das ist aber auch nicht so wichtig, denn in dem abstrakten Setting steckt so viel mehr: Wie sich die Kandidaten jahrelang auf diesen Initiationsritus, den "Process", vorbereiten, ohne zu wissen, was wirklich hinter der Mauer auf sie wartet - nur weil sie an den Mythos vom besseren Leben glauben. Da kann man fast nicht anders, als an all die Menschen zu denken, die ihr Leben aufs Spiel setzen und ihre Heimat verlassen, in der Hoffnung, dass es woanders besser ist. 

Super Setting, super Look

Die Story von Michele, Fernando, Joana und den anderen Hauptfiguren ist nicht nur spannend und facettenreich erzählt, "3 Percent" sieht trotz eines kleinen Budgets auch super stylish aus. Was sicherlich auch dran liegt, dass "City of God"-Kameramann Ceasar Charlone beim Großteil der Folgen Regie geführt hat. Schon der visuelle Kontrast zwischen dem lebendigen, individuellen Festland und dem tristen, sterilen Assessment-Gelände der Inselbewohner deutet an, dass das Leben auf der Insel vielleicht doch nicht so verheißungsvoll ist. Aber das wird dann hoffentlich eine zweite Staffel zeigen.

"3 Percent" läuft mit deutschen Untertiteln und in der englischen Synchronisation auf Netflix

Die Serie basiert übrigens auf der brasilianischen Web-Serie "3 Porcento", die 2011 von ein paar Filmstudenten bei Youtube hochgeladen wurden.


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