Therapie mit Games Wie Tetris Traumapatienten helfen kann

Es ist DAS Game unserer Kindheit: Stein auf Stein haben wir die virtuelle und unsere emotionale Welt geordnet. Dass Tetris dabei eine heilende Wirkung haben könnte, untersuchen jetzt Forscher.

Von: Stefan Jaentsch

Stand: 03.04.2017 | Archiv

Tetris | Bild: BR

Ja, ganz richtig: Tetris soll die Folgen von Traumata eindämmen können. Schwerer Autounfall, psychische Belastung, Tetris hilft? Zu dem Schluss kommen Forscher von der Oxford Universität. 71 Menschen haben bei ihrer Studie mitgemacht - alles Leute, die kurz nach einem Verkehrsunfall in ein Krankenhaus eingeliefert wurden. Sie mussten nach dem Unfall innerhalb von sechs Stunden etwa 20 Minuten lang Tetris spielen.

In der darauffolgenden Woche haben die Patienten dann eine Art Tagebuch geführt und alle Erinnerungen an den Unfall aufgeschrieben. Das Ergebnis: 62 Prozent der Tetris-Tester mussten weniger an den Unfall denken, als die Leute, die nichts gezockt haben. Außerdem waren die Gedanken, die mit dem Unfall verbunden waren, für die Tetris-Gruppe, weniger belastend.

Computer-Spiele als Wundermittel?

Das Geheimnis hinter den positiven Forschungs-Ergebnissen ist der visuell-räumliche Reiz der durch Tetris entsteht. Das Gehirn bekommt sozusagen ein Alternativprogramm vorgesetzt, wegen dem sich die traumatischen Erinnerungen schlechter im Gehirn festsetzen können - so erklärt es Professor Stefan Röpke von der Charité in Berlin. Das Forscherteam aus Oxford spricht von einer "kurzen psychologischen Intervention", quasi einer therapeutische Impfung, die man kurz nach einem schlimmen Erlebnis gezielt einsetzen kann. Da es aber vorallem um den räumlich-visuellen Reiz geht, kann also theoretisch auch ein anders Spiel in der Trauma-Behandlung eingesetzt werden: Candy Crush oder Jenga wären also auch als Ablenkungsmanöver denkbar.

Die Wirkung hält nur kurz

Tetris ist aber leider kein Wundermittelchen. Vergleicht man die beiden Probandengruppen (Unfall ohne Tetris, Unfall mit Tetris) nochmal nach vier Wochen, dann stellt man fest, dass es keine Unterschiede mehr gibt: beide haben posttraumatische Verhaltenssymptome. In der Praxis wird die Tetris-Therapie also vorerst keine Anwendung finden. Dafür sind die klinischen Ergebnisse nicht eindeutig genug, so Röpke. Das Studienergebnis gibt aber trotzdem erste wichtige Erkenntnisse für die Arbeit mit Trauma-Patienten. Und wir wissen: Ablenkung hilft! Wenn auch nicht lang. Im Notfall also besser Tetris her und das Gehirn beschäftigen, dann tut's zumindest am Anfang nicht so weh.

Sendung: Filter, 03.04.2017 ab 15 Uhr