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Paradox Interactive Die besten 1.000 Stunden Klicken meines Lebens

Ihre Games haben so viel Charme wie Excel-Tabellen, aber die loyale Fangemeinde wächst und wächst. Games Reporter Dominic Holzer erklärt, warum Paradox Interactive aus Schweden trotzdem jede Stunde unseres Lebens wert ist.

Von: Dominic Holzer

Stand: 17.05.2016 | Archiv

Knapp 1.000 Stunden – so viel Lebenszeit habe ich bisher schon mit Spielen von Paradox Interactive verbracht. Den Großteil davon hab ich versucht, die Spielmechanik zu durchschauen und auszutricksen, smarter zu sein als der Computer. Um dann vermeintlich unschlagbare Gegner mit dem richtigen Timing zu zerlegen. Es ist so geil, wenn ein Plan funktioniert.

Komplex = cool

"Grand Strategy Games" heißt das Genre, das mir und anderen Hardcore-Fans solche Glücksmomente verschafft – und Paradox Interactive hat seit gut 16 Jahren sowas wie ein Monopol auf diese Spiele. All diese Games funktionieren im Prinzip wie das Brettspiel Risiko: Schlachten kommen ohne Special-FX und Explosionen aus, zu sehen gibt’s hier nur Landkarten und Statistiken. Jeden meiner Mausklicks muss ich kühl berechnen. "Civilization" sieht daneben aus wie Mau-Mau.

Paradox-Spiele sind dazu so komplex, dass sie gute fünf Minuten zum Hochfahren brauchen, weil mein Rechner so viele Daten in den Zwischenspeicher laden muss. Und noch etwas sind fast alle Paradox-Spiele: kein Stück einsteigerfreundlich. Eine einzige Partie dauert oft an die zwei bis drei Wochen. Fans sagen: Das sind keine Spiele, das sind Hobbys. Hater sagen: Diese Games versprühen den Charme einer Tabellenkalkulation. Also wer zur Hölle will sowas spielen? Ganz einfach: in erster Linie die Macher selbst.

"When we design a game at PDS we first think of ourselves: what kind of game do we wanna play – because we are gamers and we do enjoy strategy games."

Linda Kiby, Spieledesignerin bei Paradox Interactive

Das ist das Geschäftsmodell von Paradox Interactive: Die Nische der Grand Strategy Games zu bedienen – für hunderttausende treuer Paradox-Fans und -Käufer. Wie mich zum Beispiel.

Die Magie der Nische

Frederik Wester

Wer zum ersten Mal vor einem typischen Paradox-Spiel wie "Crusader Kings 2" sitzt, den erschlägt es schier vor lauter Komplexität. Ist der Schock aber einmal verwunden, passiert die Magie: Dann wird aus "O Gott, noch ein Menü“ ganz schnell "Wie geil, das darf ich auch entscheiden?" Womit wir auch schon beim Thema wären, denn: Mein Feedback ist den Machern von Paradox wirklich was wert.

Eindrücke und Feedback der Community werden angenommen und in die Spiele integriert. Das fängt schon damit an, dass der Chef persönlich auf Fan-Fragen antwortet, ob in Foren auf der Paradox-Website, auf Twitter oder sonstwo.

"We spend a lot of time on our forums trying to see what people actually play, the way they wanna do things"

Frederik Wester, CEO von Paradox Interactive

Und das fasziniert mich am meisten an Paradox Interactive: Ich fühle mich als Spieler ernst genommen.

Smarte Games für smarte Gamer

Weil Paradox gerade nicht auf den einsteigerfreundlichen Mainstream-Zug aufspringt. Weil sie auch in ihrer Rolle als Publisher nur Spiele mit einem gewissen Anspruch vermarkten – den Städtebauer „Cities: Skylines“ zum Beispiel oder das Oldschool-Rollenspiel „Pillars of Eternity“. Weil sie ihren Spielen auch Jahre nach Veröffentlichung noch Updates und Zusatzinhalte schenken. Und wenn die Paradox-Community sich nur lange genug ein bestimmtes Spiel wünscht, dann passiert das auch. Wie beim neuesten Paradox-Baby „Stellaris“.

"People have asked us to make a space game for many years now. We have usually made historical games. I Would say that Sci-Fi is history in the future so it kind of fits our profile pretty well."

Henrik Fåhraeus, Chefdesigner von “Stellaris”

Natürlich ist “Stellaris” das komplexeste Sci-Fi-Strategiespiel aller Zeiten geworden. Kam letzte Woche raus. Hab es erst 20 Stunden gespielt.


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