Games // Observer Ein furchtbar guter Cyber-Albtraum

Es ist 2084. Ein Medien-Konzern beherrscht Polen. Gedanken-Polizisten kontrollieren die Massen. Ein Polizist aber verliert selber die Kontrolle - und wird dabei an die Grenzen seines Verstandes geführt. Dieses Game ist heftig.

Von: Franz Liebl

Stand: 29.09.2017 | Archiv

Szenen aus Observer | Bild: Aspyr

Ich dachte mit "Observer" kriege ich eine düstere Cyberpunk-Detektiv-Nummer, "Blade Runner" als Game. Vor allem auch, weil Rutger Hauer, Antagonist aus dem legendären Science-Fiction-Film "Blade Runner" in "Observer" die Hauptrolle spricht. Aber ich hatte ja keine Ahnung, auf welchen Albtraum ich mich eingelassen habe.

Die Zukunft: Menschen können über Implantate Realität und virtuelle Welt völlig miteinander verschmelzen lassen. Ich spiele Daniel Lazarski, eine Art Cyber-Detektiv, einen sogenannten Observer. So werden diese Polizisten genannt, weil sie in die Gedanken der Menschen eintauchen können und so ihre Fälle lösen.

Bei meinem ersten Einsatz komme ich in einen völlig verdreckten, halb verfallenen Wohnblock, wo Cyber-Abhängige vor sich hin vegetieren. Sie sind die Folge eines gesellschaftlichen Umsturzes. In dieser heruntergekommenen Szenarie ist ein Mord geschehen.

Es wird gory

Der Tote hat keinen Kopf mehr und ist möglicherweise mein Sohn, mit dem ich schon jahrelang keinen Kontakt mehr hatte. Ich scanne die Umgebung per Cyberimplantat nach weiteren Hinweisen und entdecke eine Spur. Ich muss in eine andere Wohnung.

Dort liegt ein halbtoter, ausgeweideter Mann in seinem eigenen Blut. Er kann nur noch unverständliches Kauderwelsch antworten. Deshalb klinke ich mich in seinen Kopf ein. Was dann passiert, ist schlichtweg verstörend - bis an die Grenze des Ertragbaren. Ich laufe durch sprunghaft aneinandergereihte Sequenzen, eben wie in einem echten Albtraum. Und es mag gar nicht mehr aufhören. Wände atmen, rücken näher oder weiter weg. Ich laufe davon, komme aber nicht weg.

Schockmomente ohne Ende

Gedärme, die nach mir greifen - Klaustrophobie - bizarr verzerrte Bilder - Erinnerungen blitzen wie im Strobo-Licht auf - Musik brüllt mich an: So etwas Krasses hab ich noch nicht gespielt. Es ist kaum auszuhalten. Aber ich feiere es.

Irgendwann löst sich die Realität nahezu komplett auf. Trotzdem kommt die coole Science-Fiction-Story zu einem schlüssigen Ende. Und das ist auch wichtig, denn "Observer" ist ein Story-Game. Anfangs führe ich viele Ermittlergespräche an Haustüren und scanne die Tatorte auf der Suche nach Spuren. Ein paar ganz kleine Rätsel kommen später dazu. Und ein wenig Davonschleichen vor Albtraumkreaturen. Vom Gameplay her war's das jedoch schon.

Starkes Design und coole Story

Aber alleine das Design ist überragend morbid. Überall in dieser Wohnanlage hängen meterlange Kabelstränge heraus, es ist als ob aus dieser total vernetzten Welt die digitalen Eingeweide hervorquellen würden. Meine Sicht ist meist übersät mit digitalen Anzeigen, die aber ständig verzerren, wie ein schlechtes Fernsehbild. Was für ein düsteres Game. Ich habe schon lange nichts derart verstörendes mehr gespielt. "Observer" ist ein völlig kaputtes Horror-Game. Sehr stark!

Observer (Aspyr // für PC, PS4, Xbox One)

Sendung: Hochfahren, 02. Oktober 2017 - ab 7.00 Uhr