25

Games // Final Fantasy XV Flickenteppich statt Perser

Weit geöffnete Story-Gameplay-Schere, langatmiges Reisen von A nach B und mittelmäßige Synchro - wieviele Stunden gibt man so einem Game, bevor man es bleiben lässt? PULS Gamer Fränzn hat es herausgefunden.

Von: Franz Liebl

Stand: 09.12.2016 | Archiv

Final Fantasy XV | Bild: Square Enix

Nach neun Stunden habe ich es aus der Konsole genommen. Ich wollte dieses Spiel so gerne mögen. Es ist immerhin ein neues "Final Fantasy", eine fast 30 Jahre währende Rollenspiel-Reihe, mit der ich viele Sternstunden meines Gaming-Lebens verbracht habe. Aber es ging einfach nicht mehr. So viel nervt mich hier. So viel ist nicht fertig gedacht. So viel ist so umständlich gemacht, so viel geht nicht zusammen. Allen voran Story und Gameplay.

Ich spiele Prinz Noctis, der mit seinen drei Bewachern und gleichzeitig besten Freunden auf dem Weg zu seiner Hochzeit ist. Es ist eine Zweckheirat, um ein Friedensbündnis zwischen zwei konkurrierenden Königshäusern zu stärken. Die ganze Nummer entpuppt sich als Vorwand des Brautvaters, um meinen Vater zu töten, und unser Königreich an sich zu reißen. Jetzt ist es an mir, das alles wieder hinzubiegen.

Weit geöffnete Story-Gameplay-Schere.

Was aber mache ich stattdessen? Mich in einer schönen, offenen Spielwelt treiben lassen. Zum Beispiel angele ich am Strand zu sonniger Gitarrenmusik. Oder ich gehe in den Hügeln auf Monsterjagd und muss banale Hol- und Bringaufgaben für Passanten erledigen. Ich bin der verdammte Prinz, aber die Leute behandeln mich wie einen Laufburschen: "Hey Prinz, hol mir mal drei Preiselbeeren für mein Frühstücksomelett!" Gerade noch erfahre ich vom Tod meines Vaters aus der Zeitung, aber schon im nächsten Moment mache ich wieder Faxen mit meinen Jungs und mache Selfies vor einem seltenen Felsen.

Nach fünf Stunden habe ich sämtlichen Bezug zur Geschichte verloren. Dabei habe ich sogar versucht, nur die Hauptgeschichte zu spielen. Das lässt das Game aber sehr schnell nicht mehr zu. Ohne die Kohle und die Erfahrungspunkte aus den Beschäftigungen in der offenen Welt komme ich nicht weiter.

Fetzige Kämpfe machen Spaß

Also habe ich versucht, die weit geöffnete Story-Gameplay-Schere auszublenden. Tatsächlich hatte ich dann erstmal Bock, mich in dieser Welt rumzutreiben. Vor allem die Kämpfe machen fett Spaß, auch wenn sie manchmal wilde Scharmützel sind. Das sind sie vor allem, weil sie sich von den typischen Rundenkämpfen der "Final Fantasy"-Serie verabschieden. Das hier ist schnelle Action mit Taktikeinschlag. Leider quält mich "Final Fantasy XV" oft mit ewigen Laufwegen durch die Pampa, in denen gar nichts passiert. Das ginge gerade noch, weil die Landschaft meist schön ist.

Langatmiges Reisen von A nach B.

Was mich aber in punkto Fortbewegung in den Wahnsinn treibt ist der "Regalia", das königliche Auto. Was für eine Chance wurde hier vertan! Wie in GTA durch die offene Welt von Mission zu Mission brettern, von Monsterjagd zu Monsterjagd oder einfach nur durch die Landschaft fahren, in einem Rollenspiel? Hammer! Geht aber nicht. Ganz im Gegenteil. Der fetzig aussehende Schlitten fährt nur exakt zwischen den Seitenstreifen im Flaniertempo und steuert sich wie ein lahmer Panzer. Und lenke ich ihn Richtung Kiesbett, fährt er von alleine wieder auf die Straße zurück. Das ist das pure Gegenteil von Fahrspaß. Also schalte ich auf Automatik, bevor mein Controller an der Wand zerschellt.

Dann fühlen sich die oft sieben Minuten langen Fahrten an wie die schönsten Bahnstrecken Deutschlands anschauen: Langeweile pur! Ich hätte noch so viel auszusetzen an "Final Fantasy XV", die deutsche Synchro zum Beispiel, die für einen derart großen Namen so oft wie schnell zusammengestöpselt klingt. Also habe ich aufgehört, mich damit zu quälen, und es aus der Konsole genommen.

Weit entfernt von großer Rollenspielkunst

Nach ein paar Tagen habe ich es noch mal probiert. Das kann doch nicht sein, dachte ich mir, und hab mich mit dem Game ein wenig versöhnt. Ich habe einfach etwas in Richtung sündteurer Perserteppich erwartet, aber stattdessen einen praktischen Flickenteppich bekommen. Ein Haufen kleiner Fetzen, die mit Gewalt zusammengenäht wurden. Und sieht man "Final Fantasy XV" als solchen, dann kann man hier durchaus lange Spaß haben. Von großartiger Rollenspielerzählkunst ist das hier aber weit entfernt. Passt schon.

Final Fantasy XV (Square Enix // für PS4, Xbox One)


25