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Interview mit Slammer Bo Wimmer Die Szene will es böse und bissig

Keiner aus der Poetry-Slam-Szene sagt die Rundensieger der Slam-Meisterschaften besser vorher als Bo Wimmer. Welche Slammer er 2015 vorn sieht und warum sich viele über einen Verriss von Bo freuen, hat er uns im Interview erzählt.

Stand: 06.11.2015 | Archiv

Bo Wimmer | Bild: Frank Nordmann

Dienstagabend in Augsburg, kurz vor der Eröffnungsgala vom Slam 2015. Bo Wimmer trägt langes Haar, Hornbrille, beigen Pelzmantel und lackierte Fingernägel: einer knallrot, der nächste blau. Genauso bunt ist auch sein Leben. Bo ist Moderator, Blogger und Slammer. Zusammen mit Slam-Meister 2014 Lars Ruppel bildet er das Team Rocket. Seit zwei Jahren bloggt er zu allen teilnehmenden Slammern der Meisterschaften. Mit jeweils ein paar Sätzen beurteilt er die Kandidaten  – mal verliebt, mal bissig, mal böse. Aber immer mit einem Augenzwinkern.

PULS: Du schreibst auf deinem Blog zu jedem Teilnehmer des diesjährigen Slams eine kleine Kritik. Warum machst du das?

Bo Wimmer: Als ich selber teilgenommen habe, habe ich meine Runde besprochen. Und dann wollten alle, dass ich auch ihre Runde bespreche. Dann habe ich das mal gemacht und die wollten das jedes Jahr. Also hab ich das halt immer gemacht. Die Leute freuen sich und deswegen mache ich das.

Inwieweit hältst du dein Urteil über die jeweiligen Slammer für besonders kompetent?

Ich gebe ja immer Tipps, wer weiter kommt und angeblich sind meine Tipps immer sehr, sehr gut. Ich bin immer ganz weit vorne dabei. Aber ist natürlich sehr subjektiv. Eigentlich nur subjektiv.

Was macht einen guten Slam-Auftritt aus?

Dass er gut ist. Ist ja auch subjektiv. Ich mag was anderes als die anderen Leute. Oft ist ein Auftritt, auch wenn er nicht ankommt, trotzdem sehr, sehr gut.

Manche Slammer kommen in deinen Kurzkritiken nicht so gut weg. Zum Beispiel Fabian Navarro aus Hamburg, über den du geschrieben hast: "Der nimmersatte Bücherwurm ist mir auch zu brav." Hat sich jemand von den Kritisierten schon mal bei dir gerächt?

Nee, eigentlich nicht. Wenn ich kritisiere, dann kritisiere ich meistens nur die, die ich auch mag. Die wissen dann auch, wie es gemeint ist. Es ist halt für die Szene und es liest normalerweise auch keiner sonst, weil keinem Zuschauer die Namen irgendwas sagen. Die kennen vielleicht zwei von 120. Insofern ist es halt nur für die Szene witzig, wenn ich sowas schreibe. Viele wollen auch verrissen werden. Die meisten sind beleidigt, wenn ich sie lobe, weil das oft viel weniger Gesprächsstoff hergibt. Und wenn man dann verrissen wird, dann ist das ja auch viel schöner. Vor allem weil es keine Konsequenzen für irgendwas hat.

Aus welcher Motivation heraus machst du selber Poetry Slam?

Ich find’s halt gut. Mir macht’s Spaß. Ich verdiene damit mein Geld.

Die Poetry-Slam-Szene ist ja fast schon inzestuös. Jeder kennt irgendwie jeden und jeder will doch dann auch gewinnen. Wie groß ist der Konkurrenzgedanke untereinander?

Der Konkurrenzgedanke ist eigentlich gering. Man will natürlich gewinnen. Weil man’s ja auch nicht bewerten kann. Es ist ja auch ein Spiel. Man will natürlich weiterkommen, aber wenn man nicht weiterkommt, liegt es nicht daran, dass die anderen blöd waren, sondern dass man selber zu schlecht war. Das ist eigentlich jedem klar.

Welcher Slammer ist dein Favorit dieses Jahr?

Ooh, das ist schwierig, schwierig! Fabian Navarro ist weit oben. Lars Ruppel, der Vorjahressieger. Wobei ich ja letztes Jahr gesagt habe: Er kommt nicht über die Vorrunde hinaus und ist dann auch Meister geworden. Vielleicht sollte ich das jetzt nicht sagen. Vielleicht wäre das ein schlechtes Omen. Und Lisa Eckhart aus Österreich. Die österreichische Meisterin ist auch sehr, sehr stark.

Hast du Tipps für Slammer, die hier zum ersten Mal dabei sind?

Sich eindecken mit sehr viel Hustenbonbons und Halsbonbons, weil man sehr viele Leute trifft und man den ganzen Tag redet. Und dann muss man auftreten. Spätestens am zweiten oder dritten Tag rächt sich das ganz gemein. Dann hat man keine Stimme mehr. Vor dem Finale ist es immer so: Diejenigen, die am Abend auftreten, sprechen den ganzen Tag kein Wort. Sie wissen, sie brauchen sieben oder zehn Minuten Stimme und die ist nicht da, wenn sie nur noch ein Wort verlieren am Tag. Ich sag einfach nur: Viel Tee trinken, viele Halspastillen dabei haben und viel Spaß haben.

Bo Wimmer bloggt auf www.bowimmer.de


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